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Münsterbau-Verein <Freiburg, Breisgau> [Hrsg.]
Freiburger Münsterblätter: Halbjahrsschrift für die Geschichte und Kunst des Freiburger Münsters — 10.1914

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Münzel, Gustav: Der Mutter Anna-Altar im Freiburger Münster und sein Meister
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https://doi.org/10.11588/diglit.2546#0055
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Münzel, Der Mutter Anna-Altar im FreiBurger Münster und sein Meister

und Frauen der heiligen Sippe wie die nächsten
Freunde ChristiK Hieraus ist ebenfalls zu ent-
nehmen, dass der Altar für einen der Mutter Anna
besonders geweihten Raum bestimmt war, wie wir
ihn in dem Anna-Chörlein besitzen, in dessen Fenster
ja auch die hl. Anna mit der übrigen Verwandtschaft
in einem großen Sippenbild dargestellt ist. Der
Standort für den andern Anna-Altar ist, wenn auch
nicht so fest bestimmt wie der für den Kapellen-
Altar, doch mit ziemlicher Sicherheit anzugeben. Er
befand sich nach der Angabe der Weiheurkunde auf
der Südseite des Schiffes, mit großer Wahrschein-
lichkeit dort, wo später ein Anna-Altar erwähnt wird,
und wo heute wieder der hier behandelte Anna-
Altar steht, nämlich an dem südöstlichen Vierungs-
pfeiler. Dieser Altar war außer der hl. Anna noch
einer Reihe anderer Heiliger geweiht, die keine
nähere Verbindung mit der hl. Anna haben2. Es ist
daher nicht unbedingt notwendig, anzunehmen, dass
sein Retabulum in einer Darstellung der hl. Anna
oder nur darin bestand.

Weitere Nachrichten über die Altäre erhalten
wir indirekt durch Eintragungen über Pfründen, die
mit ihnen verbunden waren. Besonders aufschluss-
reich ist in dieser Hinsicht das Verzeichnis der
Altäre und Pfründen zwischen den Jahren 1518 und
15203. Hier wird ein Anna-Altar aufgeführt und zwar
als „altare [in] capella sancte Anne". Allein das Wort
„capella" ist durchstrichen. Dieses Durchstreichen
beweist, dass auch damals zwei Anna-Altäre vorhanden
waren. Der Schreiber hatte sich zuerst geirrt und
den Anna-Altar in der Kapelle gemeint, sich dann
aber durch das Durchstreichen verbessert. Der
spätere Liber beneficiorum4 erwähnt auch einen
Anna-Altar ohne den Zusatz „in capella". Auf ihn
sind die Gresser-Pfründen gestiftet, ebenso wie sie
in dem vorhin genannten Altarverzeichnis bei dem
Anna-Altar aufgeführt werden. Da in den genannten
Verzeichnissen nur ein Anna-Altar erwähnt wird, der
Anna-Altar in der Kapelle aber durch das Durch-
streichen ausgeschlossen ist, so ist dieser einzig auf-
geführte Altar offenbar jener 1515 „extra chorum in
latere meridionali" errichtete, auf den die Gresser-
Pfründen übergegangen waren, nachdem der alte

1 Es sind die Heiligen Anna, Jungfrau Maria, Joseph,
Joachim, Elisabet, Cleophas, Salome, Martha, Maria Magdalena
und Lazarus.

2 Nach der Weiheurkunde waren es die Heiligen Antonius,
Valentnus, Vitus, Johannes Baptista, Quirinus, Theobaldus,
Apollinaris, Onuphrius, Humbert, Ulrich, Erasmus, Rochus
und Vicarius.

3 Altarverzeichnis mit den Pfründen im Münsterarchiv.

1 Liber beneficiorum, undatiert, wahrscheinlich zwischen
1520—30, sicher vor 1533. Bl. 66a und 70a. Ober diese Pfründen
vgl. auch Engler und Zell, Beiträge zur Gesch. der Münsterpfarrei
in Freiburg. Freib. Diözesan-Archiv 22 (1892), 273.

Gresser-Altar aus irgendwelchen Gründen durch
diesen neuen ersetzt worden war. Auf den zweiten
neuen Anna-Altar „in capella" waren aller Wahr-
scheinlichkeit nach keine Pfründen gestiftet.

Am Ende des 18. Jahrhunderts erhalten wir ge-
nauere Kenntnis über die Aufstellung eines Anna-
Altars. Geissinger-' hat in seiner Handschrift über
die Epitaphien im Münster zwei Notizen über einen
Anna-Altar. Einmal erwähnt er, dass unter dem
1790 abgebrochenen Lettner drei Altäre aufgestellt
waren, zur Linken der Johann von Nepomuk-Altar,
in der Mitte der des Johann Baptist, auf der rechten
Seite der Anna-Altar6. Sehr genau bestimmt ist der
Platz dieses Anna-Altars, den er nach dem Abbruch
des Lettners erhalten hat. Geissinger sagt, dass der
eine Eingangsbogen in den Kreuzgang zwischen dem
Anna- und Katharina-Altar sei, und erwähnt, dass,
wenn man von dem Anna-Altar in diesen Bogen
hineingehe, sich eine in Stein gehauene Gruppe be-
finde, nämlich die Krönung Davids durch den Pro-
pheten Samuel. Da dieses romanische Relief heute
noch erhalten ist, so ist durch diese Angaben der
südöstliche Vierungspfeiler als Stelle des Altars ge-
nau bestimmt7. Er kam also ganz in die Nähe des
Platzes, den er unter dem Lettner hatte". In der
andern auf der Freiburger Universitätsbibliothek be-
findlichen Handschrift über die Altaraufschriften im
Münster, die wohl auch von Geissinger herrührt9,
ist die gleiche Aufschrift, deren Chronogramm 1748
ergibt, mitgeteilt unter der Überschrift: „An dem
Neuen S. Anna-Altar ist folgendes zu lesen." Daraus
sehen wir, dass der 1515 extra chorum geweihte

'- Joseph Felician Geissinger, Abschriften von Epitaphien
oder Grabschriften, welche in U. L. Frauen Münster der Pfarr-
kirche zu Freyburg in dem Breysgaw befindlich seiend. 1787
u.f.Jahre. S. 51, 57,58. Handschr. 498 der Universitätsbibliothek
Freiburg i. Br.

6 Über den Abbruch dieses Anna-Altars hat sich in den
Münsterrechnungen eine Rechnung erhalten von Maurermeister
Meissburger vom März 1789: „Den St. Anna-Altar abgebrochen
und wiederaufgesetzt und solchen Altar mit Gibs verbessert
und beinebens die Material dazugeben 9 fl 131,., kr."

~ Geissinger a. a. O. S. 57. Nach ihm hatte dieser Anna-
Altar folgende Inschrift: PosVIt Confraternltas pIorVM Llbera-
Lltas suCCurrlt ChlrVrgl CVrabVnt ConserVare. Wegen der
Ziffern, die nur 1738 in der Addierung ergeben, vgl. unten An-
merkung 9.

8 Über die Lage dieses Lettneraltars dicht am Vierungs-
pfeiler vgl. den Grundriss des Lettners bei Schuster, Der Lettner
im Freiburger Münster, Freib. Münsterbl. 1 (1905), 53. Vgl.
auch S. 50. Weiter vgl. über die verschiedenen Altäre am süd-
lichen Choreingang und im südlichen Querschiff des Münsters
H. Flamm, Grab und Grabmal Herzog Bertolds V. von Zäh-
ringen, Freib. Münsterbl. 7 (1911), 24 ff.

9 Aufschriften deren Altären, welche in Löbl. L. F. Münster
in hiesiger Stadt Fieyburg aufgezeichnet zu finden. Handschr.499
der Universitätsbibliothek In der Inschrift sind hier bei succurrit
noch die beiden „u" zu dem Chronogramm gezogen, so dass
es damit die richtige Zahl 1748 ergibt. BI. 2 b.
 
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