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Münsterbau-Verein <Freiburg, Breisgau> [Hrsg.]
Freiburger Münsterblätter: Halbjahrsschrift für die Geschichte und Kunst des Freiburger Münsters — 10.1914

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Münzel, Gustav: Der Mutter Anna-Altar im Freiburger Münster und sein Meister
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https://doi.org/10.11588/diglit.2546#0057
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Münze), Der Mutter Anna-Altar im Freiburger Münster und sein Meister

Alexander-Kapelle umgewandelt wurde. Aber der
Anna-Altar blieb trotzdem in der Kapelle stehen.
Schreiber* erwähnt ihn 1820 als dort befindlich. Erst
infolge der Umänderungen, die von der 1819 einge-
setzten Bau- und Verschönerungskommission im
Münster vorgenommen wurden, kam der Altar an
eine andere Stelle'. Die Verschönerungskommission
entfernte eine Reihe von Barockaltären, darunter
auch den am nordöstlichen Vierungspfeiler aufge-
stellten St. Johann von Nepomuk-Altar und den am
südöstlichen befindlichen Anna-Altar vom Jahre 1748.
An die Stelle dieses Barockaltars kam der Anna-
Altar aus der Alexander-Kapelle. Nach dem Ein-
trag des Bildhauers Franz Glänz in seinem Rech-
nungs- und Tagebuch geschah diese Übertragung im
Jahre 18223. An dem gleichen Platz steht der Altar
heute noch.

Dass der 1822 aus der Alexander-Kapelle an
diese Stelle versetzte Altar identisch ist mit dem
1515 „in capella lateris aquilonaris" geweihten Anna-
Altar, unterliegt keinem Zweifel'. Dieser Anna-
Altar ist ein Sippenaltar, es sind diejenigen Hei-
ligen dargestellt, die in nächster Beziehung zur
hl. Anna stehen. Er passt also durchaus in einen
der hl. Anna geweihten Raum, in dessen Fenster
wir, wie schon erwähnt, gleichfalls eine Darstellung
der heiligen Sippe finden. Ebenso ist auch ihrem
Stile nach die Skulpturengruppe des Altars in dieser
Zeit möglich. Dass der von Schreiber am Anfang
des 19. Jahrhunderts dort gesehene Anna-Altar noch
immer der Altar von 1515 war, geht aus folgender
Überlegung mit völliger Sicherheit hervor. Als
1651 die Gebeine des hl. Alexander in die Anna-
Kapelle gebracht wurden, fanden sie ihre Stelle in
einer Nische unter dem Hauptbilde des Anna-Altars,
welche Anordnung Schreiber noch gesehen hat.
Dieser Altar wurde also zur Aufnahme der neuen
Reliquien eingerichtet und außerdem wurden bei
dieser Gelegenheit noch andere Veränderungen mit
ihm vorgenommen. Bei der großen Verehrung, die

1 Schreiber, Gesch. u. Beschr. des Münsters zu Frei-
burg i. Br. (1820) S. 242.

2 Über die Arbeiten dieser Kommission vgl. Ca]sts.a Jäger,
Varia zur Gesch. der Freiburger Münsterkirche während der
letzten hundert Jahre. Freib. Diözesan-Archiv 15 (1882), 285 ff.

3 Das Tagebuch ist im Besitze der Familie Glänz in
Freiburg.

1 Die Bemerkung von Marmon (U. L. Frauen Münster.
Freiburg 1878. S. 93), dass der heute am südöstl. Vierungspfeiler
stehende Anna-Altar, ebenso wie der Dreikönig-Altar, ursprüng-
lich dem Münster nicht angehört habe, ist völlig unrichtig, wie
sich auch sonst häufig ungenaue Angaben in dieser Münster-
beschreibung finden. Offenbar beruht diese Meinung auf einer
Verwechslung mit der Tatsache der Übertragung dieses Anna-
Altars aus der Anna-Kapelle an seinen gegenwärtigen Platz.
Diese unrichtige, durch nichts gestützte Meinung Marmons
übernimmt Schäfer, Das alte Freiburg (1895) S. 69.

den Reliquien des hl. Alexander entgegengebracht
wurde, ihrer reichen Fassung und den trotz der Not
der Zeit kostspieligen Veranstaltungen bei Gelegen-
heit ihrer Übertragung5 ist es wohl zweifellos, dass
sie nicht in dem mit ihnen in keinem Zusammen-
hang stehenden Anna-Altar niedergelegt worden
wären, wenn dieser Altar nicht schon in der Ka-
pelle gestanden hätte. Man bewahrte sie nicht in
einem neuerrichteten Altar auf, weil man den alten
erhalten wollte, der mit der Errichtung und der ur-
sprünglichen Bestimmung der Kapelle aufs engste
verbunden war".

Durch das Datum der Altarweihe vom 20. März
1515 haben wir für die Errichtung des Anna-Altars
einen Terminus ante quem gewonnen. Aus einem
andern Datum ist es möglich, auch noch einen Ter-

■ Über die großen Feierlichkeiten und Veranstaltungen bei
der Übertragung der Alexander-Reliquien vgl. z. B. die Tage-
bücher von Th. Mallinger zum 21. Sept. 1651 (bei Mone, Quellen-
sammlung der Bad. Landesgesch. 2 [1854], 607) und Theob.
Bley, Sanctuarium Friburgense. Freib. 1729, das ausführlich über
den hl. Alexander erzählt. Zu der Fassung der Reliquien und
ihres Sarges vom Jahre 1651/52 kam 1752 noch ihre reiche
Ausschmückung, über die Geissinger a. a. O. S. 16 f berichtet.

n Die von Geiges (Das St. Anna-Fenster im jetzigen Alexander-
Chörlein, Freib. Münsterbl. 4 [1908], 77 Anm. 9) aufgeworfene
Frage, ob der von Schreiber noch 1820 als in der Kapelle stehende
Anna-Altar erst dorthin infolge Abbruch des Lettners gebracht
worden sei, unter dessen südlichem Bogen ja auch ein Anna-
Altar sich befunden habe, erledigt sich durch die obigen Aus-
führungen. Der Anna-Altar, der am Lettner gestanden hatte,
war, wie dies aus den oben mitgeteilten Stellen hervorgeht, ein
Altar aus dem Jahre 1748 und zudem ist seine spätere Stelle
am südöstlichen Vierungspfeiler nach dem Abbruch des Lettners
nach Geissinger genau bekannt. Übrigens waren auch die beiden
andern Lettneraltäre ebenfalls aus dem 18. Jahrhundert. Bei
dem Altar des Johann von Nepomuk (kanonisiert 1729) ist dies
ohnehin selbstverständlich und von dem Johann Baptist-Altar
bezeugt dies Schreiber (Gesch. u. Beschr. des Münsters S. 2661
bei Beschreibung der Schnewlin-Kapelle, in der sich der Altar
nach dem Abbruch des Lettners befand, ausdrücklich. (Vgl.
über die Lettneraltäre auch Schuster, Baugeschichtl. über das
Freiburger Münster aus alten Chroniken, Freib. Münsterbl. 7
[1911], 38 f.). — Wenn es ausgeschlossen ist, dass der Anna-
Altar 1789 beim Abbruch des Lettners erst in die Anna-Kapelle
kam, so wäre noch zu überlegen, ob er nicht im Jahre 17i8
dorthin gebracht wurde, als am Lettner selbst, wie wir von
Geissinger wissen, die Errichtung eines neuen Anna-Altars er-
folgte. Allein dies ist ganz abzulehnen. Es ist undenkbar, dass
die Alexander-Reliquien rund hundert Jahre nach ihrer Über-
tragung in das Münster mit einem Altar verbunden worden
wären, der mit ihnen so wenig wie mit der Kapelle, in der sie
aufbewahrt wurden, irgend eine Beziehung hatte. Wenn zur
Zeit der Übertragung der Reliquien 1651 in der Anna-Kapelle
kein mit ihr von altersher verbundener Altar vorhanden ge-
wesen wäre, so hätten die Reliquien in einem neuen Altar ihre
Stelle gefunden, so dass kein Anlass gewesen wäre, sie 1748
in einem in die Kapelle versetzten Altar niederzulegen, der mit
ihnen nichts zu tun hatte. Wäre aber übrigens der Anna-Altar
erst 1748 in die Kapelle übertragen worden, so hätte es sich
der ganzen Sachlage nach nur um jenen Anna-Altar „extra
chorum in latere meridionali" handeln können, für den das
gleiche Weihedatum vom 20. März 1515 wie für den andern in
Geltung wäre. Aber diese Möglichkeit ist ausgeschlossen.
 
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