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Münsterbau-Verein <Freiburg, Breisgau> [Hrsg.]
Freiburger Münsterblätter: Halbjahrsschrift für die Geschichte und Kunst des Freiburger Münsters — 10.1914

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Münzel, Gustav: Der Mutter Anna-Altar im Freiburger Münster und sein Meister
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https://doi.org/10.11588/diglit.2546#0061
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Münzel, Der Mutter Anna-Altar im Freiburger Münster und sein Meister

Altars besteht darin, dass die beiden Heiligen
Joachim und Joseph in Seitennischen aufgestellt waren.
Nach der bildnerischen Anlage dieser Figuren, die
mit der Mittelgruppe eng verbunden erscheinen, sind
diese Nischen wohl eine spätere Zutat. Ursprüng-
lich werden diese Figuren, ähnlich wie heute, un-
getrennt von der Mittelgruppe gewesen sein. Die
Andeutung Schreibers über diese Nischen lässt wohl
mit Recht auf eine barocke, durch Säulenstellungen
geteilte Altarform schließen. So wird der Altar da-
mals in seiner Mischung von gotischer Skulptur und
barockem Aufbau einen ähnlichen Eindruck gemacht
haben, wenn auch in kleinerem Maßstabe, wie heute
noch der Hochaltar der Georgskirche in Nördlingen.

Die Form, in der sich der Altar heute darstellt,
ist in allem eine Arbeit von Jos. Glänz. Nur die
Skulpturengruppe des Schreins ist alt, alle übrigen
Figuren im Antependium wie im Aufsatz, ebenso
das Schnitzwerk und der ganze Aufbau des Altars
sind von ihm. Die Notiz von Glänz lautet darüber1:
„Erstlich 1822 wurde der St. Anna-Altar unter dem
hochwürdigen Fabrikprocurator Franz Anton Frey,
gebürtig von Kenzingen und gestorben den 29ten Sept.
1824, von meinem lieben Vater ganz allein ohne meine
Hilfe vollendet und aufgestellt; für diesen Altar be-
kam mein Vater = 460 fl." (Abbild. 1.)

Da der Anna-Altar in seiner heutigen Form als
Gegenstück zu dem Dreikönig-Altar gedacht ist, so
sind Aufbau und Maße ähnlich wie bei diesem. Auf
der dritten Treppenstufe zum Chor erhebt sich an
dem Vierungspfeiler der Altar. Die spätgotische
Mensa ist durch das hölzerne Antependium von
Glänz verdeckt. Dieses ist 99 cm hoch, 213 cm breit
und 135 cm tief und wird durch Maßwerk und Fi-
gurennischen gegliedert. An den Ecken der Seiten
wie der Vorderfläche stehen unter fialenbekrönten
Baldachinen sechs 35 cm hohe Apostelfigürchen. Den
Raum zwischen diesen nehmen die Maßwerkfüllungen
ein, die der Vorderseite ist dreifach geteilt, in der
Mitte hat sie Zirkelschläge, links und rechts zwei
krabbenbesetzte Eselsrücken. Die beiden Seiten
haben in der Mitte je eine Maßwerkfüllung, auf der
linken eine Rose, auf der andern ein Fischblasen-
ornament. Die Predella (76 cm hoch) ist an den
Seiten nach innen geschweift, in der Mitte hat sie

' Tagebuch von Franz Glänz unter der Rubrik der von
seinem Vater oder von ihm ausgeführten Arbeiten im Münster.
Danach ist der Anna-Altar nicht schon im Jahre 1821 von Glänz
hergestellt worden, wie dies Kempf und Schuster, Das Freiburger
Münster. Freib. 1906 S. 130 und Schuster, Baugeschichtliches
über das Freiburger Münster aus alten Ghroniken, Freiburger
Münsterblätter 7 (1911) S. 40 angeben. Der Anna-Altar wie
der Dreikönig-Altar wurden nach der Angabe von Glänz im
Jahre 1822 gearbeitet, nur kam der Dreikönig-Altar im Jahre
1823 zur Aufstellung, welche Jahreszahl Glänz auch in seiner
Inschrift auf dem Altar angebracht hat.

eine nach innen gewölbte große Maßwerkfüllung.
Der Schrein des Altars (180 cm breit, 190 cm hoch
und 38 cm tief) ist auf den Seiten der Länge nach
durch eine Maßwerkfüllung gegliedert. Die Vorder-
seite wird eingefasst durch Hohlkehlen, in die Säulen
eingelegt sind. Auf diesen stehen die kleinen bal-
dachinbekrönten Figuren von St. Georg und Kaiser
Heinrich. Nach innen zu schließt sich an jede
dieser Hohlkehlen eine zweite Hohlkehle an. In
diesen sind nochmals kleinere, naturalistisch be-
handelte Säulen angebracht, auf denen unter Bal-
dachinen Figürchen weiblicher Heiligen aufgestellt
sind. Aus dem Trennungsstab der zwei Hohlkehlen
entwickeln sich nach oben zu drei Bogen, die das
abschließende Laubwerk tragen. Der darüber be-
findliche profilierte Sims des Schreins hat nach unten
zu Laubwerk, und als obern Abschluss einen kleinen
Maßwerkkranz und trägt an den Ecken vier Fialen.
Das Innere des Schreins ist von drei Bogen über-
wölbt, die auf den an der Rückwand angebrachten
Bündelsäulen ruhen. Die Wandflächen zwischen den
Bogen sind durch Maßwerk verziert. Die Bekrönung
des Schreins ist dreiteilig. Drei Figuren, in der Mitte
Christus im Spottmantel (ohne Sockel 76 cm hoch),
links und rechts die Heiligen Laurentius undjohannes
Baptista (jede 56 cm hoch), stehen unter drei durch-
brochenen Baldachinen, die in gebogene Fialen enden.
Der mittlere (277 cm hoch), der die beiden seitlichen
(140 cm) bedeutend überragt, ist mit diesen durch
Zwischenstücke verbunden. Die Gesamthöhe des
Altars beträgt also nicht ganz 6'2 m. Die Bemalung
des Altars ist derart, dass die Flächen braun gehalten
sind, die Füllungen und das Innere des Schreins
wie der Nischen blau. Die Verzierungen sind in
Gold angelegt.

Über den Wert der Glänzschen Arbeit kann nur
das Urteil wiederholt werden, das bei Gelegenheit
der Besprechung des Dreikönig-Altars abgegeben
wurde1. Seine Figuren sind künstlerisch bedeutungs-
los. Die Apostel in den Nischen des Antependiums
setzen die Apostelgruppe des Wydyz-Altars fort.
Ebenso sind die vier Figürchen auf den Säulen den
beiden des Dreikönig-Altars gleichartig. Dazu kommen
als Glänzsche Arbeiten hier beim Anna-Altar noch
die Figuren des Aufsatzes, während die entsprechen-
den beim Wydyz-Altar alt sind. Als Vorbild zu der
Figur des Johannes diente ihm die Darstellung des
Täufers in der Vorhalle des Münsters. Diese Skulp-
turen sind in ihrer Qualität nicht besser als seine
andern figürlichen Arbeiten Auch beim Anna-Altar
ist wie beim Dreikönig-Altar der Entwurf der deko-
rativen Einzelheiten ebenso wie auch deren Aus-

1 Münzel, Der Dreikönig-Altar von Hans Wydyz im Frei-
burger Münster, Freiburger Münsterblätter 6 (1910), 14.
 
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