Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Münsterbau-Verein <Freiburg, Breisgau> [Hrsg.]
Freiburger Münsterblätter: Halbjahrsschrift für die Geschichte und Kunst des Freiburger Münsters — 13.1917

DOI Artikel:
Kempf, Friedrich: Heimsuchungen und Schicksale des Freiburger Münsters in Kriegsnot, durch Menschenhand und Feuersgefahr: II. Durch Menschenhand
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.2399#0039
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Kempf, Heimsuchungen und Schicksale des Freihurger Münsters in Kriegsnot, durch Menschenhand und Feuersgefahr 3^

handen oder ob er schadhaft war, oder ob gar Ver
besserungsbestrebungen dabei im Spiele waren, ken
nen wir nicht. Die alte Bekrönung des Werkes bil
dete eine Figur der heiligen
Jungfrau mit dem Jesukinde
auf einem mit Engelsköpfen
gezierten, im übrigen aber
schlicht gegliederten kapi-
tellartigen Abschlußstück.
Eine etwas schematische
Federzeichnung mit der Un-
terschrift „v. Röder del.
1820", die den rückseitigen
Umschlag des mehrfach ge-
nannten Buches von Schrei-
ber1 schmückt, gibt uns ein
ungefähres Bild2 von der
ursprünglichen Gestalt des
Brunnenstocks. Dieses Vor-
bild gab die Richtschnur für
die im Jahre 1915 erfolgte
Wiederherstellung des frü-
heren Zustandes (Abbild.
27), welche um so weniger
Schwierigkeiten bot, als die
alte Steinfigur, die noch
die ursprüngliche Fassung
zeigte, vorhanden war. So
ist das Werk in wünschenswerter Weise wieder zu
seinem Rechte gekommen. Schon ein Vergleich der
beiden Abbildungen zeigt, wie bedenklich es ist,

wenn man in einem
solchen Falle, anstatt
sich streng an das über-
lieferte gute alte Vor-
bild anzulehnen, den

persönlichen Ge-
schmack walten läßt
und neues erfinden will.
In das Gebiet un-
serer kritischen Be-
trachtung gehören auch
die Glasgemälde des
Hochchors, beson-
ders die der Chor-
kapellen, gegen die
im 19.Jahrhundert nicht
wenig gesündigt wurde.

...... „„ ,, . Da jedoch das Wesent-

Abbild. 23. Alte romanische

Bekrönung des nördlichen Quer- ' Geschichte und Be-

hausgiebels. Schreibung des Münsters zu

Freiburg 1820

Das nämliche Bild rindet sich auch auf der vierten Um-

Schlagseite des „Führers durch die erzbischöfliche Dom- und

Münsterkirche" von Dr. J. N. Müller, Freiburg 1839

Abbild. 22. Alte romanische Bekrönung des südlichen
Querhausgiebels mit Dachreiter aus dem Jahre 1697.

liehe über ihre Behandlung und über die Einzelheiten
ihrer Restaurierung von Fritz Geiges* veröffentlicht
ist, so erscheint es überflüssig, an dieser Stelle hier-
über sich zu verbreiten.

Ein weiterer Punkt mag
noch mit wenigen Worten
berührt sein. Er betrifft die
im ersten östlichen Joche
des nördlichen Seitenschiffs

aufgestellten bischöf-
lichen Denkmäler aus
dem 19. Jahrhundert (siehe
Abbild. 9). Sie sind aus
Sandstein und Marmor ge-
arbeitet. Gingen auch die
einzelnen Werke aus bestem
Willen und unter Aufbie-
tung tüchtigster Arbeit und
Hingebunghervor, so scheint
uns doch der Weg, der
hier beschritten wurde: das
Gedächtnis der verstorbe-
nen Bischöfe im Bilde fest-
zuhalten, weder richtig noch
schön zu sein. Man ist sich
der alten Traditionen nicht
mehr bewußt gewesen, als
man im Jahre 1839 damit
begann, dem verstorbenen Erzbischof Dr. Bernhard
Boll (1827^1836) ein Porträtstandbild zu errichten.
Seither ist diese Art der Denkmalsgestaltung beliebt
geworden, obschon sich der plastischen Wiedergabe
der Persönlichkeit in ganzer Figur nicht geringe
Schwierigkeiten entgegenstellen. Nun ist durch diese
Porträtfiguren in ihrer realistischen Behandlung und
in ihrer Anhäufung ein
Zustand geschaffen, der
zu dem mittelalterlichen
architektonischen Rah-
men der Blendarkatur
nicht paßt und auf jeden
ästhetisch Empfindenden
einen unbefriedigenden
Eindruck macht. Wir
können uns nicht den-
ken, daß die Absicht be-
steht, die Grabdenkmäler
in dieser Weise fortzu-
setzen. Die Einheitlich-
keit der Gesamtarchi-
tektur, in der doch der
Hauptreiz der inneren

Abbild. 24. Jetzige Bekrönung

des nördlichen Querhausgiebels

von 1873.

Erscheinung liegt, würde

3 Der alte Fensterschmuck des Freiburger Münsters, in
„Schauinsland" 28 (1901) S. 85 ff.
 
Annotationen