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Münsterbau-Verein <Freiburg, Breisgau> [Hrsg.]
Freiburger Münsterblätter: Halbjahrsschrift für die Geschichte und Kunst des Freiburger Münsters — 13.1917

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Kempf, Friedrich: Heimsuchungen und Schicksale des Freiburger Münsters in Kriegsnot, durch Menschenhand und Feuersgefahr: II. Durch Menschenhand
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https://doi.org/10.11588/diglit.2399#0040
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Kempf, Heimsuchungen und Schicksale des Freiburger Münsters in Kriegsnot, durch Menschenhand und Feuersgefahr

inleuobar eine starke Beeinträchtigung erleiden. Mit Jahre 1841 noch acht Glocken von ansehnlichem

der hohen geistlichen Würde, wie sie vielfach in den
Skulpturen früherer Epochen, vorab im 15. und 16.
Jahrhundert, so schön zum Ausdruck gekommen ist,
vermögen die lebensgroßen bischöflichen Gestalten
im Münster nicht zu wetteifern. Auch das am nord-
westlichen Vierungspfeiler angebrachte, aus Kalkstein
hergestellte Epitaph des letztverstorbenen Erzbischofs
verdient inbezug
auf das Material im

Münster keine
Nachahmung. Die
Dienste der mäch-
tigen Vierungs-
pfeiler vertragen
keine Unterbre-
chung durch eine
Platte von so auf-
dringlicher Farbe,
wie sie der Kehl-
heimer Kalkstein
besitzt. Es kann
außerdem nicht un-
bemerkt bleiben,
daß man beim Ver-
setzen dieser Platte
sich einen unzuläs-
sigen Eingriff an
den Diensten des

Pfeilers erlaubt
hat. Angesichts der

erwähnten Tat-
sachen dürfte es gerechtfertigt er-
scheinen, eine allgemein befriedi-
gende, den Verhältnissen einer Me-
tropolitankirche angemessene Rege-
lung der Bestattung im Münster in
Erwägung zu ziehen, etwa in einer
Gruftkapelle unter dem Chor. Da-
mit in Verbindung würde sich die
Frage nach Form, Schmuck und
Material der hier in Betracht kommenden Denk-
mäler von selbst beantworten.

Schließlich müßte noch manches Triftige über
die Verstöße gesagt werden, die man sich im Jahre
1841 gegen die alten Glocken hat zuschulden kom-
man lassen1. Von den acht Glocken, welche im
Hauptturme hängen und den heutigen Bestand bilden
— fünf verfielen in diesem Jahre der militärischen
Beschlagnahme — ist nur noch eine, die größte,
„Hosanna" genannt, alt. Sie ist ein aus dem Jahre
1258 datiertes Werk. Außer dieser waren bis zum

1 Vgl. Fritz Geiges, „Unsere alten Münsterglocken" in
„Schauinsland" 10 (1883) S. 1 und 21 (1894) S. 35.

Abbild 25.

Brunnen-

bekrönung aus

dem Jahre 1880.

mLM&

Abbild. 26. Röhrenbrunnen im
Chorumgang aus dem Jahre 1511.

Alterswert aus dem 13., 14., 15., 16. und 17. Jahr-
hundert vorhanden. Sie haben wohl die Zeiten der
vielen Kriegsstürme überdauert, dem neuzeitlichen
Bestreben nach einem harmonisch zusammenklingen-
den Geläute dagegen vermochten sie nicht zu wider-
stehen. Das war der ausschlaggebende Grund, weshalb
sie im Jahre 1841 in den Schmelztiegel des Glocken-
gießers Karl Ro-
senlächer in Kon-
stanzwandern muß-
ten, angeblich weil
zur Zeit, „als diese
Glocken gegossen
wurden, man in der
Kunst noch nicht
sehr weit vorange-
schritten war, und
sich die Erfindung
harmonischer Ge-
läute erst von spä-
teren Jahrhunder-
ten datiert". Auch

die vorhin er-
wähnte älteste und
größte Glocke, an
der die „Sachver-
ständigen" alle
möglichen Miß-
stände und Gebre-
chen zu rügen hat-
ten, wäre beinahe
dem gleichen
Schicksal verfallen, wenn nicht ein
großer Teil der Bürgerschaft aus
natürlichem Empfinden, mit beson-
derem Nachdruck, Einsprache gegen
das Vorhaben erhoben hätte. Die
Gegner des Umgusses wurden be-
schuldigt, daß sie „von einem blinden
Vorurteile und Vorliebe für das Alter-
tum behaftet und demnach im Urteile befangen sind".
Der aus dem 17. Jahrhundert stammende Mes-
sing-Kronleuchter erlebte in den 30er und 40er
Jahren der in Rede stehenden Zeit, unter Domkustos
Meißburger, zu verschiedenen Malen das Schicksal,
von seinem Platze aus dem Münster verschwinden zu
müssen, angeblich, weil man den Aufwand für die
Kerzenbeleuchtung an Hauptfesttagen scheute. Man
hatte ihn, in einzelne Teile zerlegt, in irgend eine
Rumpelkammer verbracht. Infolgedessen geriet er in
einen völlig verwahrlosten Zustand. Der Einsicht des
damaligen Bürgermeisters Wagner ist es zu danken,
dass der Kronleuchter, nach vorheriger umfassender

Abbild. 27.

Wiederherstelluno

im Sinne der

ursprünglichen

Brunnen-

bekrönune.
 
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