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Verein zur Förderung des Fremdenverkehrs für Heidelberg und Umgebung [Hrsg.]
Heidelberger Fremdenblatt: Stadt-Anzeiger ; amtliche Fremdenliste — 1924

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Nr. 7 - 17 (Juni 1924)
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https://doi.org/10.11588/diglit.30256#0054
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Nr. 7'

Blick auf das romantifche Neckarsteinach.

der Kurfürst befochlen, einen losgewovdenen Lowen
efnzufangen. Erst chabe sich Ulrich geweigert „ob dem
Begehr, es seie ein unvernin.ftiges Tier, an dem auch
keine Ehre sLie zu erlangen. Äber der Eurfürst wollt
nit nachlassen. Also da es je hat sein müssen. da hat
er sein weitz Stäblin in sein Hand genommen und ist
ganz verwegentlich zum Lewen gangen, welcher ob
seiner Fraidigkeit ein Entfigen und vor ihme hinge-
flohen wieder in sein Lewenhaus sich begeben dessen sich
mennigkichen choch verwundert". Ritter Ulrich ist dann
sSchillers „Handschuh") voller Zorn nach- Neckarsteinach
heimgekehrt „und soll hinfüro an den Hos weiter nit
kommen sein." (Zimmersche Ehronik.)

Auf der nördlichen Seite besindet sich das stattliche
„Epitaphium Herr Hansen Landschaden von Steinach
Ritters und soiner leczten Hausfrauwen Margareta
Landschaden geborn von Fleckenstein 1672".

Eine gemalte Tafel auf der nördlichen Seite des
Schiffes ist Hans Friedrich Landschadt gewidmet, der
als Student in Strastburg 1592 kaum 19 Jahre alt aus
Unvorsichtigkeit erschossen „durch ein Beckenbuben mit
eines Musquetierers Rohr". Oben auf der Empor-
bühne ist ein schönes Landschadt-Wappen aus Messing
in die Wand eingelassen.

Die katholische Gemeinde besitzt eine neuerbaute
Kirche mit aus dem Anfang des 18. Jahrhunderts stam-
menden Altären. Der Hochaltar ist aus der Werkstätte
eines Mainzer Bildhauers hervorgegangen und Larf
als eines der wertvollsten Denkmäler rheinischen
Barock's bezeichnet werden. Der Liebfrauenaltar ist
eine Stiftung des Hiesigen Bürgermeisters Joh. Seba-
stian Latomus aus dem Jahre 1711. Die Kirche
besitzt autzerdem eine schwere Leuchtergarnitur, 6 Leuch-
ter von Zinn in den Formen des einfachen bis zum
hochentwickelten Barock (1648—1722) und einige kost-
bare alte Ornate mit dem Wappen der Mettrenich.

Von der Kirche führt ein Weg aufwärts an den
Eingang zu den Parkanlagen des Schlotzberges, auf dem
die Burgen von Neckarsteinach stehen. Der Berg mit
den Anlagen, in deren Mitte sich die Vorderburg und
die Mittelburg befinden, gehörte den Freiherren
von Dorth, die seit 1814 die Domäne besatzen.

Die alte Stadtmauer ist noch teilweise erhalten
und am Vergabhange sichtbar. Ein hübscher Weg führt
sanft aufwärts links an dem aus dem Felsgestein spru-
delnden Brunnen vorbei zur Vorderburg. Das war
einst die eigentliche Burg der Landschaden. Am äutze-
ren Burgtor zwei Familienwappen und die Jahres-
zahl 1568. Auch im innern spitzbogigen Tor besindet
sich die Harfe der Landschadt. Von den alten Baulich-

keiten steht noch, den Zeiten trotzend, der feste viereckige
Turm mit den Resten einer Kapelle und eines Ver-
lietz-es. Neu d-azu gebaut unter Benlltzung alter
Mauerreste im Burghof Wirtschafts- und Wohnhäuser
der Domänenverwaltung.

Jn früheren Zeiten stand die verfallene Vor-der-
burg in üblem Ruf und es herrschte in der Bevölkerung
des Stäotchens grotze Furcht vor dem Spuk im alten
Eemäuer. Der Rodenfteiner soll in finsteren Sturm-
nächten sein Wesen da getrieben haben.

Vor der Burg ein Rondell mächtiger Rotzkastanien
mit einladenden Ruhebänken in weltentrückter stiller
Einsamkeit. An der neckarseits sich hinziehend-en Mauer
schöne Ausblicke aufs Tal und auf Dilsberg.

Auf dem schmalen Erat des Ber-ges in ausnehmend
schöner Lage befiNdet sich der grotze Bau d-er Mittel-
burg.^ Man kann zu ihr auch von der Hauptstvatze aus
auf sanft ansteigendem Weg (zwischen „Schiff" und
„Ritter") in wenigen Minuten gelangen. Von der
Neckargemünder Landstratze führt ebenfalls ein be-
quemer Weg hinauf, ebenso ein etwas steilerer Pfad
von der Schönauer Landstratze aus. Beim Zusammen-
treffen der Wege eine riestge alte Linde.

Die Mittelburg ist die umfangreichfte der Neckar-
steinacher Burgen und wurde in Len vierziger Jahren
von den Dorth's in gelungenem mitt-elalterlichen Stil
wiederh-ergestellt. Die Burg, im Jnnern geschmackvoll
eingerichtet. wird von den jetzigen Besitzern bewohnt
und ist Besuchern nicht zugänglich. Ueber dem Eingang
befindet sich noch das Wappen der Famili-e Metternich.
Die Mauern und Erker der Mittelburg sind mit Epheu
und Wildwein dicht umrankt. Nach der Neckarseite eine
grotze Terrasse mit Väumen, von wo prächtiger Aus-
blick nach allen S-eiten. Schön hergestellt ist die schon
von autzen gut wirkende Vurgkapelle. In den Earten-
anlagen eine kleine Erabkapelle. Die Mittelburg zählt
zu den sckönsten Wurgbauten unseres Landes und ge-
währt, besonders von dem jenseitigen Neckarufer aus
betrachtet, einen prächtigen Anblick.

Auf gutgehaltenem W-e-ge mit hübschen Aussichten
-auf das Schönauer Tal gelangt man in wenigen Minu-
ten zur Hinterburg. Von der -einstigen Stärke und
Wncht dieser Burg zeugen jetzt noch d-ie mächtigen Ein-
fassungsmauern und der gewaltige Turm. Unterhalb
der Hinterburg -geht der Tunnel der Eisenbahnlinie
durch den Verg. Die Tunnelausgänge siNd, um Ab-
rutschungen zu verhüten, hoch hinauf durck Mauerwerk
gesichert. Ein zweiter Turm, der den Zeiten durch
Jahrhunderte widerstanden, aber beim Tunnelbau!

Risse und Sprünge bekommen hatte. mutzt-e leider ge-
opfert und niedergelgt werden.

Die Hinterburg ist vollständig Ruine. Ein Brun-
nen, ein Kellergewölbe, alles mit Schutt ausgefüllt und
von Eestrüpp überwachsen. An der Neckarseite sind in
der Ningwand noch einige vermauerte, schlitzarti-ge
gotische Fenster zu bemerken. Es ist nicht festgestellt.
ob die Hinterburg allmählich zerfallen, oder mit Ee-
walt zerstört worden ist.

Ein bequemer Futzweg führt von hier zur Burg
Schadeck, zum überaus interessanten „Schwalben-
nest" (von Neckarsteinach auf bequ-emem Weg auch für
schwächere Futzgäng-er in einer halben Stunde zu er-
reichen). Unterwegs schöne Ausblicke auf die anderen
Burgen, auf Stadt und Neckar. Die Schadeck war
ebenfalls Ruine und ist vor einigen Jahrzehnten stil-
voll restauriert worden, um sie vor gänzlichem Verfall
zu bewahr-en. Dadurch wurd-e dieses Prachtstück in der
Szenerie Neckarsteinachs glücklicherweise erhalten.

Man betritt das „Schwalbennest" von der Rück-
seite aus und g-elangt in den äuheren Burghof mit
seiner Umfassungsmauer, von wo der rote Felsen, auf
den die Burg „angeklebt" ist, steil abfällt bis z-u dem
am Futze vorüberführen-den Bahndamm. Herrliche
Ausblicke von den Nischen. Ein zweites Tor führt in
d-en inneren Burgraum, von wo man auf einer Holz-
treppe den Turm bestei-g-en kann.

Ein wunderbarer Bau, eine bizarre Jdee, an so
exponierte Stelle sein Haus, sein „Nest" zu bauen.
Aber die Ritter werden wohl gut-e Eründe für ihr
Werk gehabt haben. Die Burg sp-errte in früheren Zei-
ten, als der Neckar noch unmittelbar den Berg be-
spülte, das Tal vollständig ab, und si-e war für die
damalige Strategie wirklich uneinnehmbar. Hier konnte
also ein Raubritter alten Stils zum richtig-en „Land-
schaden" werden, und die Ueberlieferung will ja auch
wissen, datz di-e Herren von der B-urg Schadeck wilde
Wegelagerer gewesen seien, die Kaufleute beraubt und
als Eefangone in ihr unzugängliches Fe-lsennest ge-
schleppt hab-en. Die Ritter sollen einstens sogar durch
eine über den Neckar gespannte Kette die Schiffahrt
gesperrt haben. Auch -erzählt di-e Sage, ein Gang soll
von der Schadeck unt-er dem Neckar nach dem Brunnen
auf dem Dilsberg führen, doch konnte nie etwas von
dieser Unterführung entdeckt werden. Der herrlichsten
Eindrücke voll wird jeder Wanderer von seinem Be-
suche der vier Neckarsteinacher Burgen zurllckkehren.

Hinterburg und Schadeck sind jetzt Staatseigentum.

(Aus dem Führer durck Neckarsteinach)
von Armin Ronai.

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