Hieronymus Bosch
Das Was mehr als das Wie, der Inhalt mehr als die Form nimmt
den Kunstfreund in Anspruch, der auf die Erscheinung des Hiero?
nymus Bosch stößt — in dem Grade, daß zumeist gar nicht recht unter?
schieden wird zwischen Originalen einerseits und Kopien oder Nach?
ahmungen andererseits. Die Erfindung wird bestaunt; um die Art
der Zeichnung und Malerei kümmert man sich wenig. Der einzige
ernstliche Versuch, Boschs Kunst zu erfassen, Dollmayrs 1898 im
Jahrbuch der österr. Kunstsammlungen erschienener Aufsatz, war
ebenso glücklich als Führer durch eine abseitige Ideenwelt wie ver?
fehlt im Stilkritischen.
Da Bosch, was sonst auch immer, jedenfalls ein großer und selb?
ständig gestaltender Meister ist, bilden Geist und Form in seinen
Werken eine Einheit, und seine Phantasie formte Gedanken und Bild
zugleich. Deshalb führt das Studium der Form ebenso tief in seine
Gedankenwelt, wie die Erkenntnis seines geistigen Lebens die stilkri?
tische Arbeit fördert. Noch stehen wir nicht in jener heillosen Zeit,
die an dem Dualismus „unus invenit — alter fecit“ krankte. Und wenn
betriebsame Kupferstecher im 16. Jahrhundert Erfindungen Boschs
vervielfältigt haben, der Meister selbst hat nicht Geistreiches gestaltet,
er hat geistreich gestaltet.
Unter den erhaltenen Schöpfungen Boschs sind mehrere schon
im Thema ihm allein eigentümlich, wie die abstrusen Versuchungen,
und die Allegorien von den letzten Dingen, andere sind dem Thema
nach Allgemeingut, aber umgedeutet und übersponnen mit neuartigen
Motiven, mit einem wild wuchernden Schlinggewächs von Einfällen.
Zwei Methoden, Boschs Art anschaulich zu machen, bieten sich.
Wir können, wasJustiundDollmayrmitmeisterhaften Beschreibungen
versucht haben, uns der Betrachtung jener Darstellungen hingeben, die
Niederländische Kunst 10
Das Was mehr als das Wie, der Inhalt mehr als die Form nimmt
den Kunstfreund in Anspruch, der auf die Erscheinung des Hiero?
nymus Bosch stößt — in dem Grade, daß zumeist gar nicht recht unter?
schieden wird zwischen Originalen einerseits und Kopien oder Nach?
ahmungen andererseits. Die Erfindung wird bestaunt; um die Art
der Zeichnung und Malerei kümmert man sich wenig. Der einzige
ernstliche Versuch, Boschs Kunst zu erfassen, Dollmayrs 1898 im
Jahrbuch der österr. Kunstsammlungen erschienener Aufsatz, war
ebenso glücklich als Führer durch eine abseitige Ideenwelt wie ver?
fehlt im Stilkritischen.
Da Bosch, was sonst auch immer, jedenfalls ein großer und selb?
ständig gestaltender Meister ist, bilden Geist und Form in seinen
Werken eine Einheit, und seine Phantasie formte Gedanken und Bild
zugleich. Deshalb führt das Studium der Form ebenso tief in seine
Gedankenwelt, wie die Erkenntnis seines geistigen Lebens die stilkri?
tische Arbeit fördert. Noch stehen wir nicht in jener heillosen Zeit,
die an dem Dualismus „unus invenit — alter fecit“ krankte. Und wenn
betriebsame Kupferstecher im 16. Jahrhundert Erfindungen Boschs
vervielfältigt haben, der Meister selbst hat nicht Geistreiches gestaltet,
er hat geistreich gestaltet.
Unter den erhaltenen Schöpfungen Boschs sind mehrere schon
im Thema ihm allein eigentümlich, wie die abstrusen Versuchungen,
und die Allegorien von den letzten Dingen, andere sind dem Thema
nach Allgemeingut, aber umgedeutet und übersponnen mit neuartigen
Motiven, mit einem wild wuchernden Schlinggewächs von Einfällen.
Zwei Methoden, Boschs Art anschaulich zu machen, bieten sich.
Wir können, wasJustiundDollmayrmitmeisterhaften Beschreibungen
versucht haben, uns der Betrachtung jener Darstellungen hingeben, die
Niederländische Kunst 10