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Friedländer, Max J.; Rosenberg, Jakob; Cranach, Lucas <der Ältere> [Ill.]
Die Gemälde von Lucas Cranach — Berlin, 1932

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https://doi.org/10.11588/diglit.11059#0036
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Als letztes Hauptwerk Lucas Cranachs wird in der Literatur gewöhnlich die große
Allegorie der Erlösung in der Stadtkirche zu Weimar (Abb. 352) angesprochen.
Schon der Umstand, daß der alte Cranach selbst als Hauptfigur unter dem Kreuze
neben dem damals schon verewigten Luther erscheint, während sein Fürst und des-
sen Familie auf den Seiten als Stifter knien, schließt es aus, daß Cranach selbst den
Entwurf in dieser Form bestimmt habe. Will man unbedingt daran festhalten, daß
der alte Cranach am Entwurf beteiligt war, so bliebe nur die Annahme, daß nach
seinem Tode die Komposition durch die Hinzufügung seiner Gestalt wesentlich ver-
ändert wurde. Zu dieser komplizierten Hypothese liegt aber kein Grund vor, da so-
wohl die Urkunden wie auch der Stileindruck für ein Werk des Sohnes sprechen.
Die Figur Luthers geht auf eine ältere Vorlage der Cranachwerkstatt — ganzfiguri-
ges Bildnis Luthers von 1546 in Schwerin — zurück, zum Kopf des Vaters verwandte
der Sohn das Selbstbildnis des Alten, jetzt in den Uffizien, das — ebenso wie das
Lutherporträt — in dem Weimarer Altar gegenseitig erscheint.
Dieses Selbstbildnis der Uffizien hat unter den Werken der letzten Lebenszeit Cra-
nachs einen gewissen Anspruch auf Eigenhändigkeit, weil es in dem Jahre (1550) ge-
malt wurde, in dem Cranach — vermutlich ohne Gesellen — bei seinem Herrn
in Augsburg weilte. Da eine Konfrontierung des Uffizienporträts mit dem Cranach-
bildnis der Weimarer Kreuzigung bei der ganzen Problemlage von besonderem
Interesse ist, haben wir beide Köpfe in Abbildungen einander gegenübergestellt.
Ein prinzipieller Stilunterschied dürfte sich kaum aus dieser Gegenüberstellung er-
geben. Eine gewisse Vergröberung bei dem Weimarer Kopf erklärt sich durch das
monumentale Format. Die farbige Behandlung des Inkarnats, ein gleißendes Rosa,
verrät hier noch am ehesten die Hand des Sohnes. Im übrigen hält er sich ziemlich
getreu an die Vorlage und verrät darum seinen eigenen Charakter weniger deutlich
als in den gleichzeitigen Porträtmalereien, die wir als selbständige Arbeiten des
Sohnes ansprechen (Nr. 344 ff.).

Abgesehen von der Frage, ob und in welchem Grade Cranach der Vater an dem
Entwurf und der Ausführung des Weimarer Altares beteiligt war, steht dieses Werk
als imposanter Abschluß seiner Wirksamkeit uns vor Augen, erfüllt von seinem
Geiste, zugleich ein Denkmal, das die sächsischen Fürsten dankbar dem treuen
Diener, dem Maler ihres Hauses, errichtet haben.

MAX J. FRIEDLÄNDER

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