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gebilde bei den Vögeln einerseits durch ein partielles Aufgeben einzelner Elemente, während
andererseits die erhalten gebliebenen eine ganz besonders hohe und specialisirte Differenzirung
eingegangen sind. In erster Linie steht diese hohe Differenzirung in Correlation zu der mächtig
entwickelten Flugmuskulatur der Vögel: Muskelfortsätze, Muskelleisten etc. finden sicli hier in
einer Weise ausgebildet, wie kaum bei einem anderen Wirbelthiere. Weiterhin ist es aber auch
die Anpassung an das leichtere Skeletmassen verlangende Luftleben, welches zu einer partiellen
Rareficirung der Skeletelemente und zur Entwickelung mannigfacher membranöser resp. ligamen-
töser Gebilde oder die Knochen mehr oder minder ausfüllender Lufträume geführt hat, Bei vielen
grossen Fliegern haben die letzteren eine Erleichterung des Skeletes herbeiführenden Einrichtungen
zusammen mit der Verlängerung des Flügels und der hochgradigen Differenzirung seiner Feder-
bekleidung und ihrer elastischen und muskulösen Nebenapparate eine Verminderung des Muskel-
bedarfs erzielt, welcher wiederum eine partielle Vereinfachung der Forsatzbildungen etc. einiger-
massen entspricht. Wo auf der anderen Seite die Flugfähigkeit (gleichviel bis zu welchen Grade
der Perfection sie bereits gelangt war) vollkommen aufgegeben und die vordere Extremität zu
einem in der Hauptsache functionslosen Rudimente wurde, kam es zu einer ungleich höheren
Vereinfachung.

Die vordere Extremität im engeren Sinne, speciell der Humerus, ist im Vergleich
mit Brustgürtel und Brustbein eine minder reiche Differenzirung eingegangen. Insofern sie als
vornehmstes Flugorgan hauptsächlich nur diese eine Function zu leisten hat, ist sie in derselben
allerdings zu einem sehr hohen Grade der Vervollkommnung gelangt; hinsichtlich der übrigen
Leistungsrichtungen der volleren Extremität ist dagegen Vieles von den ursprünglichen mannig- >
fächeren Complicationen aufgegeben worden. Schlankheit, hohe Ausbildung der beiden Humerus-
Gelenke und eine oft recht ansehnliche Entfaltung der Pneumaticität sind hier in den meisten
Fallen die kennzeichnenden Merkmale der Vögel.

Letztere Eigenschaft, die Pneumaticität, ist es vornehmlich, welche wenn sie auch nicht
unvermittelt dasteht - - dem Vogelskelete eine seiner bemerkenswerthesten Eigenschaften verleiht.
Von den Lungen aus entwickeln sich Ausstülpungen (sogenannte Luftsäcke), welche nach und
nach eine grössere" Ausdehnung gewinnen und schliesslich in sehr verschiedener Entwickelung auch
in das Skelet (durch die sogenannten Luftlöcher) eindringen können. Die Ausbildung dieser luft-
führenden, mit den Lungen communicirenden Räume des Rumpf- und Extremitäten-Skeletes -
das Kopf skelet hat seine besondere nicht von den Lungen abhängige Pneumaticität geschieht
bekanntlich in der Hauptsache gewöhnlich erst im postembryonalen Alter durch ein successives
M achsthum der pneumatischen Höhlen in den Knochen lünein unter gleichzeitiger Resorption
der inneren spongiösen Knochen- und Marksubstanz. Der Kntwickelungsgrad dieser Pneuma-
ticität ist ein sehr verschiedener bei den verschiedenen Vögeln: von einem vollständigen Fehlen
derselben (z. B. bei Apteryx, den Impennes, Alcidae, Trochilidae) bis zu einer Ausdehnung in
fast sämmtliche Knochen (z. B. bei den Steganopodes, Palamedeae, Bucerotidae) finden sich alle
möglichen Ubergänge x).

r) Die im Texte gemachten Angaben berücksichtigen vorwiegend nur die Pneumaticität von Brustgürtel, Brust-
bein und vorderer Extremität, und auch diese nicht in specieller Ausführung. Eine Betrachtung des Luftgehaltes
der anderen Skelettheile lag nicht im Plane dieser Arbeit. — Die Pneumaticität des Yogelskeletes war bereits Kaiser
Friedrich (13. Jahrhundert) bekannt, später wurde sie namentlich von Fabricius ah AquapendENTE (1 <*>18),
Gallilei (1655), Perrault (1676), Borelli (1704), Campe» (1771—82) und Hunter (1774) beschrieben. Der
Zusammenhang mit den Luftsäcken wurde zuerst von Fabricius beobachtet und danach besonders von Camper
genau dargestellt. Von den Autoren des 19. Jahrhunderts verdanken wir gute Angaben über Pneumaticität na-
mentlich Blumenbach (18.05), Tiedemann (1810), Nitzsch (1811), Merrem (1812), Berthold (1831), Jacquemin
(1835—42), Owen (1825—82), GÜillot (1846), Stannius (1846), Blanchard (1851—59), Crisp (1857—62), Fatio
(1860), Parker (1860—68), Milne-Edwarbs (1867—81), Gegenbaur (1870), Lühder (1871), Campana (1875),
.Strasser (1877), Shoteldt (1881—83) etc.
 
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