Vorwort.
In den folgenden Blättern übergebe ich den sich dafür interessirenden Fachkreisen denjenigen
Theil meiner Untersuchungen über die Morphologie der Vögel, welcher mir, wenn mich nicht
frei von wesentlichen Lücken, verhältnissmässig noch am ineisten ausgearbeitet zu sein scheint.
Er nimmt Ausgang von dem Skelete, den Nerven und der Muskulatur der Brust, Schulter und
proximalen Flügelregion, einem bereits viel behandelten Gebiete.
Als ich die betreffenden Untersuchungen begann, hatte ich hauptsächlich nur die Absicht,
meine älteren Arbeiten über die vergleichende Anatomie der Schultermuskeln zu erweitern und
den bisher darüber veröffentlichten Abhandlungen ein neues Capitel zuzufügen. Glückliche
Umstände und eine grossartige Liberalität von Freunden und Collegen setzten mich dabei in
die Lage, über ein Material verfügen zu können, wie es bisher wohl nur Wenigen vergönnt
gewesen war. Wo so viel geboten, wer kann da widerstehen! Mit der Fülle des Materials
und der Arbeitslust wuchs die Grösse der Aufgabe und der Umfang der Fragstellung.
Hatten meine früheren, nur auf eine [mässig grosse Anzahl von llntersuchungsobjecten sich
beschränkenden vergleichend-myologischen Arbeiten mir nur wenig Gelegenheit zu specielleren
systematischen Folgerungen gegeben, so erkannte ich jetzt mit der weiteren Ausbreitung
der Untersuchung, dass in dem hier behandelten Gebiete, namentlich nach der myologischen
Seite hin, ein hervorragendes taxononiisch.es Kriteriuni gegeben sei. Aber auch in mor-
phologischer Hinsicht eröffneten sich Aussichten, den systematischen zwar nicht ebenbürtig'
aller doch bedeutsam genug, um die von der Mehrzahl der Morphologen getheilte Anschauung
von der Sterilität der Vogelclasse auf diesem Gebiete nicht unerheblich zu modificiren ; für
gew isse morphologische Fragen dürften die Vögel selbst die in erster Linie angewiesenen Objecto
sein. Jede neue Einzeluntersuchung, welche dem bisher gewonnenen Bestände eingefügt werden
konnte, befestigte diese Erwartungen und liess zugleich zur weiteren Fundirung des Ganzen
fortgesetzte Arbeit wünschenswerth erscheinen.
Wenn überhaupt auf dem Gebiete der biologischen Naturwissenschaften nur in der zusammen-
hängenden Fülle gewissenhaft und überlegt durchgeführter Untersuchungen die rechte Nahrung
und ausdauernde Lunge gegeben ist, so gilt dies ganz besonders für die systematisch so spröde
Glasse der Vögel. Wie Viele sich auch mit ihrer Morphologie, Biologie und Genealogie beschilftigt
haben, die Zahl der bedeutungsvolleren endgültig erhaltenen Resultate ist im Vergleiche zu
der vielen aufgewandten Einzelarbeit keine grosse.
So entstand ein Opus, das vielleicht der Bedeutung des behandelten Stoffes gegenüber zu
umfangreich erscheinen mag. Auch ich habe mir die Frage vorgelegt, ob es nicht eine zu starke
Zumuthung an die Leserkreise sei, eine solche Menge von Detail und Filigranarbeit in einem
Gusse über sie auxzugiessen, habe aber schiesslich doch festgehalten, dass der Umfang eines
Buches und die Behandlungsweise des Stoffes nicht durch Rücksichten auf die Bequemlichkeit
der Leser, sondern nur durch die sachliche Notwendigkeit und Zweckmässigkeit bestimmt werden
dürfe. Hier aber, wo die zahlreichen Einzelfunde nach verschiedenen Richtungen hin, sowohl
auf morphologischem wie auf taxonomischem Gebiete zu verwerthen waren, schlössen Inhalt und
Aufgabe jede Behandlung in Bausch und Bogen aus; das wahre und klare Bild der dafür zu
In den folgenden Blättern übergebe ich den sich dafür interessirenden Fachkreisen denjenigen
Theil meiner Untersuchungen über die Morphologie der Vögel, welcher mir, wenn mich nicht
frei von wesentlichen Lücken, verhältnissmässig noch am ineisten ausgearbeitet zu sein scheint.
Er nimmt Ausgang von dem Skelete, den Nerven und der Muskulatur der Brust, Schulter und
proximalen Flügelregion, einem bereits viel behandelten Gebiete.
Als ich die betreffenden Untersuchungen begann, hatte ich hauptsächlich nur die Absicht,
meine älteren Arbeiten über die vergleichende Anatomie der Schultermuskeln zu erweitern und
den bisher darüber veröffentlichten Abhandlungen ein neues Capitel zuzufügen. Glückliche
Umstände und eine grossartige Liberalität von Freunden und Collegen setzten mich dabei in
die Lage, über ein Material verfügen zu können, wie es bisher wohl nur Wenigen vergönnt
gewesen war. Wo so viel geboten, wer kann da widerstehen! Mit der Fülle des Materials
und der Arbeitslust wuchs die Grösse der Aufgabe und der Umfang der Fragstellung.
Hatten meine früheren, nur auf eine [mässig grosse Anzahl von llntersuchungsobjecten sich
beschränkenden vergleichend-myologischen Arbeiten mir nur wenig Gelegenheit zu specielleren
systematischen Folgerungen gegeben, so erkannte ich jetzt mit der weiteren Ausbreitung
der Untersuchung, dass in dem hier behandelten Gebiete, namentlich nach der myologischen
Seite hin, ein hervorragendes taxononiisch.es Kriteriuni gegeben sei. Aber auch in mor-
phologischer Hinsicht eröffneten sich Aussichten, den systematischen zwar nicht ebenbürtig'
aller doch bedeutsam genug, um die von der Mehrzahl der Morphologen getheilte Anschauung
von der Sterilität der Vogelclasse auf diesem Gebiete nicht unerheblich zu modificiren ; für
gew isse morphologische Fragen dürften die Vögel selbst die in erster Linie angewiesenen Objecto
sein. Jede neue Einzeluntersuchung, welche dem bisher gewonnenen Bestände eingefügt werden
konnte, befestigte diese Erwartungen und liess zugleich zur weiteren Fundirung des Ganzen
fortgesetzte Arbeit wünschenswerth erscheinen.
Wenn überhaupt auf dem Gebiete der biologischen Naturwissenschaften nur in der zusammen-
hängenden Fülle gewissenhaft und überlegt durchgeführter Untersuchungen die rechte Nahrung
und ausdauernde Lunge gegeben ist, so gilt dies ganz besonders für die systematisch so spröde
Glasse der Vögel. Wie Viele sich auch mit ihrer Morphologie, Biologie und Genealogie beschilftigt
haben, die Zahl der bedeutungsvolleren endgültig erhaltenen Resultate ist im Vergleiche zu
der vielen aufgewandten Einzelarbeit keine grosse.
So entstand ein Opus, das vielleicht der Bedeutung des behandelten Stoffes gegenüber zu
umfangreich erscheinen mag. Auch ich habe mir die Frage vorgelegt, ob es nicht eine zu starke
Zumuthung an die Leserkreise sei, eine solche Menge von Detail und Filigranarbeit in einem
Gusse über sie auxzugiessen, habe aber schiesslich doch festgehalten, dass der Umfang eines
Buches und die Behandlungsweise des Stoffes nicht durch Rücksichten auf die Bequemlichkeit
der Leser, sondern nur durch die sachliche Notwendigkeit und Zweckmässigkeit bestimmt werden
dürfe. Hier aber, wo die zahlreichen Einzelfunde nach verschiedenen Richtungen hin, sowohl
auf morphologischem wie auf taxonomischem Gebiete zu verwerthen waren, schlössen Inhalt und
Aufgabe jede Behandlung in Bausch und Bogen aus; das wahre und klare Bild der dafür zu