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Furtwaengler, Adolf ; Reichhold, Karl
Griechische Vasenmalerei: Auswahl hervorragender Vasenbilder (Serie I, Text) — München, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.826#0041
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TAFEL s

Schale des Euphronios

(Paris, Louvre)

Nachdem die Athener sich von der Herrschaft der Pisistratiden befreit
hatten und ein grosser nationaler Aufschwung in Athen folgte, als dann das Sclbst-
bewusstsein des Volkes, des Demos, mächtig wuchs, da trat der national-attische
Held Tbeseus, in dem man den mythischen Stifter der Demokratie erblickte, in
den Vordergrund, nachdem er lange hinter Herakles zurückgestanden hatte. Mit
einem Male erscheint nun auf den Vasenbildern des strengen rotfigurigen Stiles
vom Ende des sechsten und Anfang des fünften Jahrhunderts eine glänzende Serie
von Darstellungen aus dem Heldenleben des jugendlich schönen Theseus.

Unter den gut erhaltenen Vasen dieser Art ist die schönste und gross-
artigste die Schale des Malers Euphronios auf unserer Tafel 5, die in die Epoche
um 500 vor Chr. zu datieren ist. Sic ward in Caere gefunden und kam in das
Museum des Louvre zu Paris. Obwohl in neuerer und neuester Zeit mehrfach
publiziert, ■) ist das künstlerische Verdienst dieses Meisterwerkes der altgrichischen
Zeichnung doch bisher nur denen wirklich bekannt gewesen, die das Original
gesehen haben; und mit Recht bemerkte P. Hartwig in seinem grossen Werke
über die Meisterschalen (S. 481): »Der Wert und die Schönheit der Theseus-
Schale des Euphronios wird erst dann recht erkannt werden, wenn wir einmal
eine Abbildung in der natürlichen Grösse — er durfte hinzusetzen .und in wirk-
licher Treue' — besitzen werden.«

Aus der flachen Innenseite der grossen Schale von 40 cm Durchmesser hat
der Maler sich ein prächtiges Bildfeld geschaffen. Er greift weit über den gewöhn-
lichen kleinen Kreis des Mittelbildes hinaus, geht jedoch nicht bis an den Rand.
Indem er das Bild selbst mit einem einfachen schlichten Mäander umgiebt, dann
einen schwarzen Streifen stehen lässt und an den Rand ein zierlich reiches Palmetten-
ornament setzt, hat er einen ebenso prächtigen wie kräftigen Rahmen erzielt,
durch den die ausnehmend reiche Zeichnung des Bildes fest zusammengehalten
und zu erhöhter Wirkung gesteigert ward.

') Erste Beschreibung im Bull, dell' Inst. 1872, S. 190. Erste Abbildung in den Monum.
grecs publ. par l'assoc. des etudes gr. 1872, pl. 1. 2 (mit Text von De Witte). Hiernach wiederholt
in den Wiener Vorlegeblättern Serie 5, Titf. 1 ; ferner bei Klein, Euphronios, 2. Aufl. S. 182. Eine
neue Zeichnung von Devillard ist kürzlich im Journal of helle nie studies XVIII, 1S98. pl. 14 (vgl.
p. 276 Anm. 4) publiziert worden. Obwohl nicht gerade schlecht, sind diese, nach der alten Manier
gemachten, Abbildungen doch gänzlich ungenügend in Beziehung auf die feineren künstlerischen Eigen-
schaften. Die Feinheiten der individuellen Meisterhand fehlen ganz, aber auch wichtige äussere Dinge
wie der Kranz und die ganze Mtiskelinnenzeichnung sind übersehen. Vgl. ferner von Besprechungen
insbesondere Hartwig, Die gnech. Meisterschalen S. 481 ff. Zur Sage C. Robert im Archäol. Anzeiger
1889, S. 142, Marathonschlacht S. 5° ff., Hermes Bd. 33, S. 132 ff
 
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