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Furtwaengler, Adolf ; Reichhold, Karl
Griechische Vasenmalerei: Auswahl hervorragender Vasenbilder (Serie I, Text) — München, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.826#0180
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TAFEL 31 UND 32 UNTEN

CHALKIDISCHE HYDRIA

(München)

Unter den schwarzfigurigen Vasen des sechsten Jahrhunderts giebt es eine
kleine Gruppe, die man an verschiedenen Merkmalen als chalkidische erkennen
kann. Die feste Grundlage für die Erkenntnis der Herkunft dieser Vasen geben
die Inschriften, die sich auf einigen befinden. Da die letzteren auch nach Technik
und Stil sehr charakteristische Merkmale aufweisen, ist es nicht schwer, auch
andere nicht durch Inschriften ausgezeichnete Gefässe als zu derselben Klasse
gehörig zu erkennen.1}

Diese Vasen sind nicht in einer der chalkidischen Kolonien, sondern in
der Mutterstadt Chalkis auf Euböa selbst entstanden; denn nur so erklären sich
die intimen Beziehungen, in welchen die Gattung mit der korinthischen und der
attischen Keramik steht.

Chalkis war neben Korinth die bedeutendste Handelsstadt des eigentlichen
Griechenland in archaischer Zeit. Und nicht nur Handel, auch Industrie wurde
in Chalkis gepflegt wie in Korinth. Es war Chalkis insbesondere für seine Metall-
waren berühmt, und wir können noch an zahlreichen ßronzefunden, an Waffen
und Geräten chalkidischen Ursprung oder wenigstens Einfluss chalkidischer Metallurgie
nachweisen oder vermuten.2)

Die Gruppe bemalter Thongefässe, die wir als chalkidisch erkennen können,
muss in einer ganz kurzen Spanne Zeit und in einem eng begrenzten Kreise ent-
standen sein. Sie tritt fertig für uns auf, und wir kennen weder eine Vorgeschichte
noch eine weitere Entwicklung derselben. Während wir die korinthische und die
attische Keramik in langer zeitlicher Abfolge und in den mannigfaltigsten Erscheinungs-
formen verfolgen können, erscheinen die chalkidischen Vasen fast wie aus einem
Atelier hervorgegangen. Es ist deshalb unrichtig, wenn man oft von chalkidischer
Keramik in gleicher Weise wie von attischer und korinthischer spricht, als ob sie
eine gleich ausgedehnte lange Fabrikation repräsentiere.

') Gleichwohl ist mit der Bezeichnung »chalkidisch« viel Unfug getrieben worden, indem die-
jenigen, welche die Vasen nur oberflächlich kennen, aber um so mehr über dieselben in schreiben
lieben, allerlei Gefässe, die nichts mit den chalkidischen iu thnn haben, ihnen zugerechnet haben. —
Dass auch die bei Kretschmcr, Vaseninschriften S. 69, 42 und S. 70 genannten Vasen nicht chalkidisch
sind, habe ich in Her], philol. Wochenschr. 1895, S. 202 bemerkt. — Eine sorgfältig gesichtete Publikation
der wirklich chalkidischen Vasen bereitet G. Löschcke seit langem vor; sie ist leider noch nicht erschienen.

') Vgl. Furtwängler, Goldfund von Vcttersfelde S. 30; Olympia, Itd. IV, die Bronzen, S. 24.
26 f. 94- 134- '4°. 143- '44- '45- 147-

Furtwängler und Reichhold, Ctiech. Vasenmalerei 1
 
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