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Furtwaengler, Adolf ; Reichhold, Karl
Griechische Vasenmalerei: Auswahl hervorragender Vasenbilder (Serie I, Text) — München, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.826#0227
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208 Attische Hydria mit Parisurteil aus Alexandrien

lege einmal den in Vorderansicht gezeichneten Kopf des Kastor auf der Hauptseite
der Talos-Vase neben den des Paris unserer Hydria und daneben den Kopf des
Herakles oder der Persephone von der tarentinischen Vase Taf. 10, so wird man
erkennen, wie nahe unsere spätattische Hydria jenem tarentinischen Gefässe steht,
und wie ungeheuer fern davon, in einer ganz anderen — und höheren — Welt
die Talos-Vase liegt. Der Pariskopf unserer Taf. 40 zeigt ganz dieselbe strichelnde
Manier der Zeichnung wie jene Köpfe der Taf. 10. Freilich steht die attische
Vase an Schönheit der Zeichnung immer noch weit über der tarentinischen; die
Köpfe unserer Hydria sind sehr viel durchgeführter wie die jener Vase, und die
edeln langen Nasen treten in rechten Gegensatz gegen die kurzen des Tarentiner
Stiles. Dass die tarentiner Prachtgefässe der Art wie Taf. 10 auch den letzten
Dezennien des vierten Jahrhunderts angehören, werden wir ein andermal genauer
darlegen. Blicken wir von dem Pariskopfe unserer Hydria noch einmal zu jenem
Kastorkopfe der Talos-Vase, so haben wir den ganzen gewaltigen Gegensatz vor
Augen, der den hohen Stil des Phidias von dem des Lysippos trennt; es ist wie
wenn man den Apoxyomenos neben Kopfe vom Parthenon stellt! (a. F.)

Die Technik

Die korrekturlose Vorzeichnung ist flüchtig, geht aber ziemlich ins Detail.
Sämtliche Umrisse sind lediglich mit dem Pinsel hergestellt; der Reliefstrich erscheint
nur nocii bei der Innenzeichnung, er ist kurz und in Starke, Farbe und Relief
höchst ungleichmässig — wir haben es nur mehr mit einem Gestrichel zu thun.
Von Interesse ist die Behandlung der Köpfe des Paris und der Hera. Mittels
kleiner Strichelchen und Punkten ist hier ein individueller Ausdruck nicht allein
erstrebt, sondern auch erreicht.

Die weisse Deckfarbe ist gut erhalten, während die Firniszeichnung darauf
grösstenteils sich losgelöst hat. Was in Thonmasse aufgesetzt und vergoldet war,
ist auf der Tafel leicht zu erkennen. Das Halsornament, mit dem Pinsel in der-
selben Masse aufgetragen, war anscheinend nicht vergoldet. Quer durch den
Schild hat sich das Gold vorzüglich erhalten, auch sonst finden sich noch viele
Spuren desselben vor.

Die Lasur ist sehr unrein, überall zeigen sicli kleine und grosse rote Flecken.
Die Kleider der drei mittleren Personen sowie die Felsenpartie sind von Lasur
völlig frei, sie waren demnach mit Farbe überdeckt. Von letzterer ist, abgesehen
von zahlreichen auf weissem Untergrund befindlichen Spuren von Blau, auf der
Gewandung des Paris nichts mehr erhalten. Die Faltenangabe auf der Tafel ist
nicht willkürlich beigegeben, sondern entspricht der Faltenvorzeichnung, die der
Maler bei seinem ersten Entwürfe nicht entbehren konnte. Der Helmbusch der
Athena ist ebenfalls lasurlos, war also farbig.

Das Palmettenornament auf der Rückfläche, nicht aber das unter den Henkeln,
zeigt Reliefkontur. Kleine Punkte in demselben sind mit Thonmasse aufgesetzt.

(K. R.)
 
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