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Galerie und Sammler: Monatsschrift der Galerie Aktuaryus, Zürich — 2. Jahrgang, Heft 11.1933/​1934

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MANET-ANEKDOTEN *)
Als der Künstler einmal ein Modell zu einer einfachen Stellung an-
hielt und halb bekleidet statt nackt posieren ließ, ärgerte das seinen
Lehrer Couture und veranlaßte ihn zu der Bemerkung: «Mein
armer Junge, Sie werden es nie weiterbringen als zum Daumier
Ihrer Zeit». «Der Daumier meiner Zeit! Schließlich ist das mehr
als ihr Coypel», sagte Manet, als Couture das Atelier verlassen
hatte.
Als Courbet die «Olympia» sah, sagte er: «Ihr Ideal, Manet, ist
die Spielkarte, die Pique-Dame». Darauf Manet: «Und Ihr Ideal,
Courbet, ist die Billardkugel».
Als der Künstler im Sommer 1874 in Argenteuil mit Monet zusam-
men malte, erschien auch Renoir und tat mit. Als Manet sah, was
der Ankömmling machte, nahm er Monet beiseite: «Der Unglücks-
mensch! Schauderhaft, was er da malt! Er wird es nie zu etwas
bringen».
Als Gauguin, der damals noch Bankbeamter war und fast nur
Sonntags malen konnte, Manet ein Bild zeigte, lobte es dieser. Wor-
auf Gauguin: «Ich bin ja nur ein Dilettant». Manet antwortete:
«Das stimmt nicht. Nur die sind Dilettanten, die schlecht malen.»
Manet war eng befreundet mit Charles Baudelaire. Zu einer ge-
wissen Zeit schminkte sich der Dichter stark, was Anstoß erregte.
«Die Farbschicht ist nicht zu leugnen», äußerte Manet, «aber wie
viel Genie steckt doch unter dieser Schicht!»
Manet war für die Reize des weiblichen Geschlechtes nicht un-
empfänglich. Eines Tages ging er einer schlanken jungen Dame
nach. Plötzlich sieht er sich seiner Frau (einer festen Holländerin)
gegenüber, die lachend sagt: «Diesmal hab' ich Dich erwischt».
«Ach, wie drollig», erwidert der Künstler, «ich glaubte, Du seist es».

*) Diese Anekdoten sind dem Anhang des von Dr. Hans Graber im Verlag Benno
Schwabe & Co. in Basel soeben erschienenen Bandes entnommen, der in ausge-
zeichneter deutscher Uebertragung sämtliche bekannte Briefe von Edouard Manet
enthält und auf den wir damit ausdrücklich hinweisen.

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