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Die Gartenkunst — 5.1903

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Fetisch, Karl: Buschobstkultur
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https://doi.org/10.11588/diglit.58968#0087
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66

DIE GARTENKUNST

V, 4

Obstbau.
Buschobst, kultur.
Von Karl Fetisch, Lehrer für Obstbau und Landwirtschaft
an der landw. Schule zu Saalfeld a. S. S.-M.
Vor mehreren Jahren ersuchte mich Herr Giemen,
ich möge im Vereinsorgan doch meine Erfahrungen über
Buschobstkultur zur Veröffentlichung bringen. Ich habe
gern zugesagt, mir aber vorbehalten, den Artikel erst
später zu schreiben, bis ich in dieser Angelegenheit noch
mehr Material gesammelt habe. Mittlerweile sind nun
über drei Jahre vergangen und ich hatte Gelegenheit in
Rheinhessen, meinem früheren Wirkungskreise, selbst ver-
schiedene Buschobstanlagen zur Ausführung zu bringen,
kann somit aus eigner Erfahrung sprechen.
Bis vor kurzem noch hielt man die Buschobstkultur
für eine nützliche Spielerei, die mehr in den Garten des
Liebhabers gehöre. Heute haben sich jedoch viele An-
sichten, und auch die meinige, in dieser Frage geändert.
Es liegt mir durchaus fern, zu behaupten, dafs man nun
in Zukunft nichts' weiter als Buschbäume pflanzen solle,
im Gegenteil vertrete ich die Ansicht, dafs Halb- und
Hochstamm auch noch ferner die Führung behalten werden.
Wo es aber darauf ankommt, unter Verwendung geringer
Kulturkosten bald Früchte zu erzielen, da ist entschieden
der Buschbaum am Platze. Stehen indes grofse Mittel und
geeignetes Material zur Verfügung, wird ferner Wert auf
hervorragend schönes Obst gelegt, so wird es besser sein,
von der Buschobstkultur abzusehen und lieber Spalierzucht
zu treiben. Überhaupt stelle man die Ansprüche an den
Buschobstbaum nicht zu hoch, man wird, wie bereits ge-
sagt, sehr früh — oft schon im zweiten Jahre nach dem
Pflanzen — ernten können, dafs aber die Früchte sich
gegenüber solchen von Hoch- und Halbstämmen in auf-
fallender Weise ausgezeichnet hätten, konnte ich noch
nicht beobachten. Auch andere Formen liefern bei richtiger
Pflege und Düngung entsprechende Erträge und Früchte.
Von dem Erfolge einer Buschobstanlange hängen eine
Reihe von Nebenumständen ab und zwar sind Veredelungs-
unterlage, Form und Bodenbeschaffenheit besonders zu be-
rücksichtigen.
Als Unterlage wähle man für Äpfel den „Metzer gelben
Paradies“, eine Varietät, die an Wüchsigkeit zwischen dem
gewöhnlichen Johannisstamm und dem Doucin steht, die
aber sehr fruchtbare Bäume liefert. Der gewöhnliche
Johannisstamm wächst nicht stark genug und die Doucin-
Unterlage läfst in der Fruchtbarkeit zu wünschen übrig.
Auch sind die auf „Metzer gelben Paradies“ gezogenen
Früchte schöner gefärbt, wie solche von Doucin-Unterlage.
Allerdings besitzt diese Unterlage einen kleinen Übelstand,
welchen ich nicht verschweigen möchte; die Wurzeln sind
nämlich spröde und brechen leicht ab. Dafür bildet sie
aber auch wieder sehr willig neue Wurzeln. Für Birnen
verwendet man Quitte, Zwischenveredlung und Wildling.
Die geeigneteste Form ist die Pyramide mit einer
Stammhöhe von 50 - 60 cm. Bei einem niedrigeren Stamm
neigen die Aste bei einzelnen Sorten zu sehr zu Boden,
wodurch die Passage gehindert und der Obstansatz bei

Regen beschmutzt wird. Fertige Buschbäume zu kaufen
ist nicht ratsam, weil diese vielfach aus überständigen
Pyramiden-Quartieren hervorgegangen sind. Man kauft
besser einjährige Veredelungen, bei welchen aber auch
zu beachten ist, dafs diese nicht bereits ein- oder mehrere
Male zurückgeschnitten sind, wie man dies häufig bei
französischer Ware beobachten kann.
Eine überaus wichtige Frage bilden auch die
Sorten. Im allgemeinen darf gesagt werden, dafs sich
alle von Natur aufrecht wachsenden Sorten hierfür eignen,
doch ist es ratsam, von diesen nur die edelsten zu wählen.
Als recht gut haben sich die folgenden bewährt: Von
Äpfeln: Wintergoldparmäne, Baumanns Rite., Goldreinette
von Peasgood, The Queen, Orleans Rtte., Landsberger Rtte.,
Weifser Winter-Kalvill, Gelber Bellefleur (trägt aber nur
mäfsig und verlangt viel Kalk), Ananas Rtte. (verlangt eben-
falls viel Kalk).
Von Birnen sind hervorzuhehen: Williams Christen-
birne (Wildling), Dr. Jules Guyot (Quitte), Andenken an
den Kongrefs (Wildling), Gute Louise von Avanches, Diels
Butterbirne, Herzogin von Angouleme (Wildling), Esperens
Bergamotte, Winterdechantsbirne, Josefine von Mecheln,
Clairgeau Butterbirne u. a. Verschiedene Steinobstarten
gedeihen ebenfalls gut als Buschbäume, insbesondere
Pfirsiche und Kirschen.
Die Bodenbesch aff enhoit ist gleichfalls in Be-
tracht zu ziehen. Strenger Lehmboden mit über 6O°/0
Ton ist zu. vermeiden, weil er zu kalt und zumeist auch
zu nafs ist. Alle Böden, gleichviel welcher Richtung sie
angehören, sind in entsprechender Weise zu verbessern.
Hierzu verwendet man Kompost, Sand, Kohlenschlacken
und kurzen Mist. Diese Stoffe werden ausgebreitet und
beim Rigolen gut mit dem Boden gemischt. Das Rigolen
sollte nicht zu tief — etwa zwei Spatenstiche — ausge-
führt werden, damit die Wurzeln nicht unnötiger Weise
in die Tiefe geleitet werden, woselbst sie doch nur wenig
gelöste Nährstoffe finden. Mit den Rotten verbinde man
eine Vorratsdüngung und zwar gibt man mit bestem Er-
folge 10—12 Ctr. Thomasmehl und ca. 8 Ctr. Kainit.
Die Entfernung der Buschbäume richtet sich
nach der Veredelungs-Unterlage. Äpfel auf „Metzer
gelben Paradies“ pflanzt man auf 1 m Entfernung in den
Reihen, die Reihen bringt man auf 11ä m von einander.
Birnen auf Quitte und solche auf Zwischenveredelung
pflanzt man auf 2—2^2 m im Geviert und solche auf
Wildling auf 4 m im Geviert. In den ersten Jahren der
Anpflanzung empfiehlt es sich, Zwischenkulturen zu treiben,
insbesondere Heckkulturen, weil diese den Boden beschatten
und die Bodengare begünstigen, auch dem Erdreich Mengen
von vegetabilischen Stoffen zuführen. Bei Birnen auf
Wildling kann man auch Beerenobst dazwischen pflanzen.
Wie verhält es sich nun mit dem Schneiden?
Ein Schnitt, wie er beim Formobst zur Anwendung kommt,
ist nicht erforderlich. In den ersten Jahren suche man
auf etwas Form- und Kronenbildung hinzuwirken, man
stelle das Gleichgewicht der Kronenleitäste her und belasse
auch den Mitteltrieb. Es empfiehlt sich sogar zwei oder
drei Astserien zu bilden und den Rückschnitt der Seiten-
 
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