Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Gewerbeblatt für den Schwarzwald — [1].1852

DOI Heft:
Nro. 12 (6. Juni)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.62739#0046
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
46

Anzahl von Personen, als die Künstler, welche die Ent-
würfe machen, die Modelleure, Bildhauer, Eiselleure,
deren 88 im Pariser Adreßkalender aufgeführt sind;
Graveure, Gießer, Schreiner für Nhrcnkastcu, für So-
ckel, für eingelegte Arbeit aller Art. Wir finden 400
Kaufleute und Fabrikanten für Bronzearbeiten (21 für
falsche Bronze), 139 Vergolder und Versilberer, 24
ctablirte Frauenzimmer für Polircn und Bruuircn re.
Die Zahl der Uhrcnmachcr mag 500 bis 600 be-
tragen, die der Furniturhandlungen etwa 36.
Bekanntlich werden in Paris die Stockuhren nur
fertig gemacht, die Rohwcrkc kommen zum größten Thcil
von Uonlbblmrcl und dessen Umgegend. Beim Fertig-
machen der Uhren wird eine verständige Arbcitsthciluug
cingehalten. Fürs Finiren, für die Hemmung, das Po-
lircn, Reguliren, das Einsetzen hat der Unternehmer be-
sondere Leute, welche jedoch gewöhnlich nicht beim Fa-
brikanten, sondern zu Hause arbeiten.
Ueberschaut man die große Zahl von Kräften, welche
der Pariser Stockuhrcnfabrikation dienstbar sind und die
in Folge der massenhaften Produktion mögliche Arbcits-
thcilung, so wird man über die genaue und geschmack-
volle Ausführung der Pariser Pcndulcn nicht erstaunen.
Der Schwarzwald darf sich durch dieses Bild übrigens
nicht zurückschrcckcn lassen, er soll nur sehen, was ihm
noch zu erreichen bleibt und rüstig vorwärts schreiten.
Es wird hier am Platze sein, der Nohwcrkfabrikation
etwas näher zu erwähnen, indem sie als ein Glied der
Pariser Pendulenfabrikation zugleich ein weiteres Licht
auf letztere wirft.
Nontdoligrck (das alte Möinpelgard) im Iwp. <iu
Douds, das sehr gcwcrbthätig ist, besonders sich mit
Baumwollcnindustrie beschäftigt, ist zugleich der Mittel-
punkt der Nohwcrkfabrikation für die Pcndulcn, deren
jährlich etwa 100,000 in Paris fertig gemacht werden.
Die Anfertigung der Rohwerke geschieht auf eigentlich
fabrikmäßigem Wege. Die hauptsächlichsten Fabriken find:
jene von 8. Ugrti et Oomp. in Nontdoliurck, jene von
Iloux nahe dabci und die von 1<ip^ leeres in Uuclevel.
Jede dieser Fabriken beschäftigt 250 bis 400 Arbeiter.
Die Arbeitszeit ist 12 Stunden täglich. Herr Marti be-
schäftigt 250 Arbeiter und verfertigt jährlich über 20,000
Stück Rohwerke verschiedener Art. Das Geschäft wird
in zwei dreistöckigen Gebäuden betrieben; Wasserkraft
setzt die Maschinen in Bewegung, für Zeiten des Was-
sermangels ist eine starke Dampfmaschine da. Die Ar-

beitstheilnng ist außerordentlich weit getrieben, so zwar,
daß in einem ganzen derartigen Etablissement kaum'eine
Person ist, welche eine ganze Uhr zu machen verstände,
sinnreiche Maschinen ersetzen viele Hände und beschleuni-
gen die Fabrikation. Es ist eine Mcssinggicßcrei und ein
Mcsfingwalzwerk da, nm die bedeutende Menge von Ab-
fällen nnd Spänen selbst verarbeiten zu können. Die
Einrichtungen zur Anfertigung von Werkzeugen fehlen
nicht; Fräßen und thcilwcise auch Feilen werden im Hanse
gemacht. Stanzmaschinen pressen Platinen, Räder re. aus:
Maschinen, welche von selbst arbeiten nnd deren ein halb
Dutzend nur der Aufsicht eines Frauenzimmers bedarf,
zahnen die Räder; Maschinen schneiden, wälzen nnd
polircn die Triebe; eine Menge von Drehbänken ist ci-
genthnmlich für bestimmte Arbeiten eingerichtet w. Au-
ßerdem findet man die Einrichtungen für die einfachen
Handarbeiten.
Alle Arbeiter werden nach dem Stück bezahlt: nur
die Aufseher (Visiteurs), welche die Arbeiten prüfen re.
erhalten bestimmten Lohn. Es ist über ein Dutzend Vi-
siteurs in einer solchen Fabrik; sie werden in dieser selbst
erzogen, in der Weise, daß der beste Arbeiter in einer
Parthic zuletzt Nisitenr wird, ebenso werden für alle
Arbeiten Lehrlinge nachgczogcn.
Ein gewöhnlicher Arbeiter kann 1 bis 3 Franken
täglich verdienen; eine Frau, die recht fleißig Triebe
schneidet, kann sich auf 30 Franken des Monats arbeiten.
Die Fabrik von lloux verfertigt etwa 30,000 Roh-
wcrkc jährlich; die Maschinenarbeit ist noch weiter ge-
trieben als in der Fabrik von Murti.
Man kann annehmen, daß auf einen Arbeiter in
einer gut cigerichtcten Fabrik beiläufig 1000 Franken
Einrichtungs- und Betriebskapital zu rechnen sind; ein
Geschäft mit 250 Arbeitern bedarf also ein Capital von
etwa 250,000 Franken.
Eine Rohwcrkfabrik erfordert demnach bedeutende
Mittel; die Errichtung eines solchen Geschäftes hat aber
noch eine andere Schwierigkeit. Der größte Theil der
Maschinen ist im Handel nicht zu haben; eigens dazu
bestellte Mechaniker erfinden und verfertigen dieselben in
den Fabriken selbst. Die Mechaniker, welche gerade mit
diesem Geschäfte vertraut sind, findet man nicht sehr
' häufig und eine neue Fabrik kommt gewöhnlich uur da-
durch auf, daß sic ans einem bestehenden Geschäft ei-
nige der besten Arbeiter durch starke Belohnung an sich
zieht. Gute Arbeiter, namentlich Visiteurs, bilden sich
 
Annotationen