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Giesau, Hermann
Der Dom zu Magdeburg — Deutsche Bauten, Band 1: Burg bei Magdeburg: Druck und Verlag August Hopfer, 1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.67279#0009
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De Neubau des Magdeburger Domes im Jahre 1209 iſt das
erſte wahrhaft monumentale Zeugnis für das Eindringen der
franzöſiſchen Gotikauf deutſchem Boden. Deutſche Architekten und
Bildhauer begannen in großer Zahl nach Frankreich zu gehen, um
ſich auf den dortigen Bauplätzen mit dem neuen Stil vertraut zu
machen. Die Wirkungen ihrer Wanderfahrten zeigten ſich bald.
Aberall, zumal an den Biſchofsſitzen, herrſcht eine rege Bautätig ·
keit; kaum ein größeres Bauunternehmen, bei dem nicht an den
in voller Ausbildung begriffenen gotiſchen Bauſtil des Weſtens
angeknüpft wurde. Erſtaunlich früh in Magdeburg, wo offenbar
der gelehrte Erzbiſchof, der in Bologna und Paris ſtudiert hatte,
eine Nolle bei der Abertragung der weſtlichen Formen geſpielt
hat. Aber das innere Verſtändnis für den neuen Stil war noch
nicht ſo entwickelt, daß die organiſche Abernahme eines richtigen
Kathedraltypus hätte glücken können. And vor allem, eine ganze
Bauhütte ließ ſich nicht bis an die Oſtgrenze des Landes herüber-
holen. Es hätte auch kaum etwas genützt, da die Operations-
baſis zu weit entfernt lag und ohne Fühlung mit den lebendigen
Quellen eine ſo bedeutende Bauunternehmung undurchführbar
war. So äußert ſich in dem ganzen Vorhaben des Magdeburger
Erzbiſchofs eine gewiſſe Anſicherheit, um nicht zu ſagen ein Oilet
tantismus, der nicht bedachte, was mit den ungleich geſchulten
Kräften wirklich zu erreichen war. Eine erhebliche Planloſigkeit
wird das Kennzeichen des Anternehmens während eines ganzen
Menſchenalters. Es erſtand eine Kathedrale nach weſtlichem
Typus, wenn auch mehr burgundiſcher als franzöſiſcher Prägung.
Man ſuchte und erhielt franzöſiſche Gotik damals in den vom
Norden abgeleiteten Formen des ſtammverwandten Burgund
und nicht aus dem Arſprungslande der Isle de Franee, wie ſpäter
Dürer die Renaiſſance nicht in Rom, ſondern in Oberitalien er ⸗
 
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