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wo Corinth stand, einst der Inbegriff alles Luxus und alles Lebensgenusses, heute ein unansehnliches Städtchen mit
versumpftem, unbrauchbarem Hafen. Wir segein weiter von diesem Orte, der uns mehr als jeder andere die Ver-
gänglichkeit alles Menschenwerkes predigt, und betreten bei Jaffa den Boden des heiligen Landes, zugleich mit
einer Schaar von Pilgern christlichen, jüdischen und islamitischen Glaubens, die alle dem gleichen Ziele zustreben :
Jerusalem, der Stadt des Friedens, die wir von der Gartenterrasse im österreichischen Hospiz, im Norden der
Stadt, unweit des Damaskus-Thores, überblicken. Von dieser, allen monotheistischen Völkern heiligen Stadt
ziehen wir zum Nil, dessen Fluthen die Reste der alterten Denkmäler der menschlichen Cultur bespülen. Wir
werfen einen Blick auf die arabischen Stadttheile Cairo's, die noch aus jener Zeit stammen, wo die gegenwärtige
Hauptstadt des Nillandes nicht das seltsame Gemisch orientalischer und europaischer Lebensformen bot, das es
heute aufweist, sondern wo Masr ei Kahira ein Hauptsitz der arabischen Cultur und des islamitischen Glaubens
war. Vor den Thoren Cairo's, hinter dem Riesenwall des Mokattamgebirges, sind wir in der bis zum Rothen Meer
sich ausbreitenden Wüste, deren landschaftlicher Reiz in den Licht- und Farbeneffesten besteht, welche über die
Sandwellen des Bodens ihren Zauber giessen und unter dem tiefblauen Himmel die trockene Luft erfüllen. Von
da führt uns der Künstler in das karawanendurchzogene Saharagebiet, wo das Wüstenleben seine Schrecken ent-
faltet, und beschliesst die Reise an dem trüben, sumpfigen Binnengewasser, das sich vor der Stelle ausbreitet, wo
einst Carthago stand und von den Tunisiern, deren ,,Stadt des Friedens und der Glückseligkeit" in der Nahe liegt,
El Bahira genannt wird. Ein schmaler, schon zur Zeit der Carthager bestandener Canal führt durch den Schlamm-
see nach Goletta, dem Hafen von Tunis, wo wir wieder am völkerverbindenden Meere uns besinden und zum
Ausgangspunkte der Wanderung zurückkehren können.
Die Freunde der Maler-Radirung, deren unsere Gesellschaft so viele zählt, werden nicht ohne Vergnügen das
besprochene Werk besichtigen, dessen Widmung Seine kaiserliche und königliche Hoheit Kronprinz Erzherzog
Rudolph, ein Gründer unserer Gesellschast, angenommen hat. Der Künstler hat auf seiner Reise mit Vorliebe
solche Punkte aufgesucht und im Bilde festgehalten, an welche sich, ausser dem landschaftlichen Reiz, ein cultur-
historisches Interesse knüpft; seine Darstellungen zeichnen sich nicht nur durch volle Naturwahrheit, sondern auch
durch fein empfundene Wahl der Vedute und durch scharfe, prägnante Charakterisirung derselben aus. Durch
die Freundlichkeit des Verlegers sind wir in der Lage, unseren Lesern eines der Blätter des besprochenen Werkes,
die Darstellung des Nils bei Cairo, vorzuführen, deren malerischer, charakteristisch staffirter Vordergrund und der
duftige, fein abgetonte Hintergrund einen günstigen Begriff von der Art und Weise geben, in welcher der Künstler
seine Bilder ' gestaltet hat. Den mit Sachkenntniss abgefassten Text, der in knapper, gerunderter Darsteilung die
geographischen und culturhistorischen Momente ausführt, welche sich an die vorgeführten Bilder knüpsen, hat
L. H. Fischer durch eine Anzahl geschmackvoll erfundener, auf Motiven aus den geschilderten Gegenden beruhen-
den Initialbuchstaben geziert, von denen wir ebensalls eine Probe bieten. Das besprochene Werk ist vom Verleger
mit jener Eleganz ausgestattet worden, die alle seine Publicationen auszeichnet und dürste in den Kreisen der
Liebhaber rasch die verdiente Verbreitung finden.


Detail am der Porta aureu in Pola


 
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