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EDUARD VON STEINLE.


ELLE die deutschen Künstler, welche seit den ersten Decennien unseres Jahrhunderts die
christlich-romantische Richtung im bewussten Gegensatze zur classischen vertraten, hat einer
der hervorragendsten unter ihnen, der Wiener Eduard Jacob Steinle, überlebt. In seiner
Produftion begegnet man einerseits der Tradition Overbeck's, des Hauptes der „Nazarener", der mit
seinen Anhängern, den sogenannten Klosterbrüdern, vom verlassenen Ordenshause des heiligen Iiidor in
Rom aus eine fruchtbare Reform der deutschen Kunst zu Wege gebracht hat, andererseits aber jener
echt deutschen Romantik, als deren berufenster Interpret Steinle's Landsmann Schwind erscheint; Alles
dagegen, was nur irgendwie das Gebiet der classischen Kunst streift, fehlt in dem so vielseitigen und
mannigfaltigen Werke Steinle's gänzlich. Auch der im Verlaufe der letzten zwei Jahrzehente fast zur
Alleinherrschaft gelangte moderne Realismus ist an dem Meister, welcher doch während dieser-Zeit
die Hände wahrlich nicht in den Schoss gelegt hat, so gut wie spurlos vorübergegangen; denn jene
coloristische Begabung und technische Geschicklichkeit, die ihn vor vielen Kunstgenossen seiner Richtung
auszeichnet, war ihm schon in seiner Jugend eigen gewesen. üesshalb nimmt der noch im vorgerückten
Greisenalter schaffenskräftige Meister in der Kunst unterer Zeit eine ebenso bedeutende wie eigen-
thümliche Stellung ein; er bringt noch immer Kunstrichtungen, die man als abgeschlossen zu betrachten
geneigt ist, gegenüber den, in ihren Folgen nicht leicht zu überblickenden Kunstbestrebungen der
Gegenwart zu unbestreitbarer Geltung, und seine Schöpfungen werden, wie immer ihre künftige Schätzung
ausfallen mag, in der Geschichte der deutschen Kunst sich mit Ehren für die Dauer behaupten.
Berggruen: Die Galerie Sehack. I Steinte I.
 
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