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Galerie Schach

und Cornelius führte die Auslegung des Traumes, dann das Wiedersehen mit den Brüdern in lebens-
grossen Figuren aus. Nach sorgfältigen Studien, die insbesondere auch das technische Verfahren betrafen
— hatte doch seit Rafsael Mengs die Ausübung der Freskomalerei gänzlich aufgehört — machte sich
Cornelius an's Werk. Beide Bilder, insbesondere aber die Traumauslegung, bekunden durch ihre gross-
artige, freie Haltung, durch den dramatischen Schwung der Conception, den Adel der Formengebung
und das wahre, harmonische Colorit, dass Cornelius unter dem Einssusse der italienischen Renaissance
die volle künstlerische Reife und einen eigenen Stil erlangt hatte. Die Fresken der Cafa Bartholdy
erregten in Rom so grosses und gerechtfertigtes Aussehen, dass Marchese Mafsimi durch die „Pittori
tedeschi" mehrere Gemächer seiner Villa al fresco ausmalen lassen wollte. Cornelius hatte sich Dar-
stellungen aus dem Dante'schen Paradies gewählt; die erhaltenen Entwürfe, an deren Ausführung er
durch seine Abreise von Rom gehindert wurde, sind nicht besonders gelungen.
Geringere Bedeutung, als die erwähnten Zeichnungen und Fresken, haben die wenigen Ölgemälde,
welche Cornelius während seines Aufenthaltes in der ewigen Stadt geschaffen hat. Dieselben lassen
deutlich erkennen, dass der Künstler mit dem Beruf zur monumentalen Malerei auf die Welt gekommen
ist; in geistiger wie in technischer Hinsicht gleichen sie mehr Malereien al fresco als in Ölfarben. Für
das bedeutendste unter diesen Ölbildern aus der römischen Zeit halten wir die auf Holz gemalte „Grab-
legung Christi" im Museum Thorvaldsen zu Kopenhagen (Nr. 113), wobei der Vergleich mit dem im
Museum aufbewahrten, sehr sorgfältig gezeichneten und lavirten Entwürfe (Nr. 175) uns lebhaft interessirt
hat; für den Entwicklungsgang des Künstlers am meisten bezeichnend erscheint uns die ,,Flucht nach
Ägypten" der Galerie Schach, Dieses Bild zeigt, wie Graf Schach treffend hervorhebt, „einerseits das
Zurückgehen des Künstlers und seiner Gesinnungsgenossen auf die Quelle der vorraffaelischen Kunst,
um der entarteten, sich nur in Äusserlichkeiten bewegenden Malerei ihrer Zeit wieder eine Seele einzu-
ssössen;" andererseits verräth es „durch seine Kraft bereits den künftigen Schöpfer der Iliasfresken und
der Kopf der Madonna ähnelt so sehr dem der Chriemhild auf den Nibelungen-Compositionen, dass
Manche das Bild schon hieran auf den ersten Blick als ein Werk von Cornelius erkannt haben." Bei
unbefangener Betrachtung dieses Gemäldes vermag man allerdings die Einwendungen Peclits gegen
dessen Colorit zu begreifen, obgleich man auch in diesem Punkte bei einem Historiker ein grösseres
Verständniss des Werdenden voraussetzt; die scharfen Ausfälle gegen die Composition und die Form-
gebung aber bekunden eine, dem Kunstsorscher kaum zu vergebende Voreingenommenheit und
Intoleranz. Cornelius selbst war von diesen Fehlern ganz frei, denn er verkehrte nicht nur freundschaft-
lich mit den Anhängern der classischen Richtung — die unverkennbar italienische Landschaft auf der
„Flucht nach Ägypten" rührt vom Tiroler Koch her, der sich dagegen in mehrere seiner Landschaftsbilder
die figurale Staffage von Cornelius hineinmalen liess — sondern er stiess auch einmal, zum Erstaunen
der anwesenden „Klosterbrüder", mit Thorvaldsen und Niebuhr auf den „alten Jupiter" an, dessen
Stern gerade über der Tischgesellschaft funkelte. Diese geistige Freiheit bei tief religiöser Empfindung
bildete im Verein mit dem Adel seiner Gesinnungen den Zauber seiner Persönlichkeit, die von allen
Zeitgenossen gepriesen wird. Niebuhr namentlich, der 1816 als preussischer Gesandter nach Rom
gekommen war, stand in lebhaftem geistigem Verkehr mit dem Künstler und hielt ihn in gleichen Ehren
wie Thorvaldsen^ unablässig verfolgte er den Plan, ihn in der Heimat auf einen seiner Bedeutung
entsprechenden Porten zu stellen. Aus allen Briefen Niebuhr's an die Freunde in der Heimat spricht die
hohe Achtung, welche er vor Cornelius, dem Künstler wie dem Menschen, empfand, und in einem ebenso
warm gehaltenen wie einsichtig abgefassten Schreiben an den damaligen preussischen Cultusminister,
worin er die Berufung seines Schützlings auf den Posten des Direktors der Düsseldorfer Kunstacademie
empfiehlt, heisst es wörtlich: „Cornelius ist unter unteren Malern, was Goethe unter unseren Dichtern ist."
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