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Cornelius.
Auch auf den damaligen Kronprinzen Ludwig von Bayern, der Anfangs 1818 nach Rom gekommen war,
machte der Künstler einen so günstigen Eindruck, dass er ihm die Ausmalung zweier Säle der Glyptothek
übertrug; an dem berühmt gewordenen Feste, welches die deutschen Künstler Ende April 1818 dem
neuen Mäcen der deutschen Kunst zu Ehren abhielten, nahm Cornelius einen besonders hervorragenden
Antheil. Im Laufe des Sommers entschied sich seine Berufung an die Düsieldorfer Academie und Anfangs
September 1818 kehrte er, nach achtjährigem Aufenthalte in der ewigen Stadt, ins Vaterland zurück;
es begleiteten ihn seine junge Frau, eine geborne Römerin, welche er 1814 zum Altar geführt hatte,
und drei Kinder. Auch an ihm hatte der Zauber, welcher den Deutschen jenseits der Alpen umfängt,
seine Macht bewährt; so unbehaglich er sich anfangs in dem sonnigen Lande gefühlt, dessen Sprache er
mühsam erlernte, so sehr liebte er es, ' da er es verlassen sollte, und so schwer trennte er sich davon.
Zunächst wandte Cornelius sich nach München, wo seiner die Arbeit in der Glyptothek harrte.
Die Compositionen zum Göttersaal hatte er noch in Rom auf Grund der Theogonie des Hesiod
begonnen, und die Entwürfe zu den drei Hauptbildern: zum Olymp, zur Unterwelt und zum Reiche
Neptuns sind zum grössten Theile noch in der ewigen Stadt entstanden. Fasl ein Jahr blieb der Meister
in München, machte einen längeren Besuch in Berlin und trat 1821 an die Spitze der Düsieldorfer
Academie; er pssegte sodann den Winter in Düsseldorf zu verbringen, seine Schule zu leiten, die
Entwürfe zu den Fresken der Glyptothek zu zeichnen und dann in der günstigen Jahreszeit mit seinen
besten Schülern nach München zu übersiedeln, um die Glyptothek auszumalen. Auf diesem Wege
gewann er theoretisch und praftisch seine Schüler für die grosse Kunst, und bald trat die Wendung
zum Besseren, welche Cornelius der deutschen Kunst gegeben hatte, in erfreulicher Weise zu Tage.
Jegliche Pedanterie, jegliches Hineindrängen in eine bestimmte geistige oder technische Richtung war
ausgeschlossen; der Meister predigte vor Allem das selbstständige Streben nach künstlerischer Freiheit
wie nach den höchsten Zielen. Die Glyptothek ward zur Stätte, auf welcher die Lehre des Meisters
aus den Sälen der Academie in die Wirklichkeit der Dinge trat. Die aller Welt bekannten Fresken
derselben sind unbestritten die bedeutendste und vollkommenste Leistung, welche in der Isarstadt an
das Wirken von Cornelius erinnert, trotz der ungleichmässigen Ausführung der Compositionen,
namentlich in coloristischer Hinsicht. Durch diese Arbeit hatte der Meister seinen Beruf für die monu-
mentale Malerei wie für die Ausübung seiner Kunst im nationalen Sinne glänzend bethätigt; er hat
die Wiedergeburt der deutschen Malerei ebenso vollzogen, wie vor ihm Lesfing, Goethe und Schiller die
der deutschen Dichtkunst und, nach der Blüthezeit seines Schaffens, sein Zeltgenosse Richard Wagner die
der deutschen Musik. Der grossen, noch immer nicht abgeschlossenen und vollständig zu überblickenden
geistigen Nachwirkung dieser gewaltigen Arbeit entsprach der äussere Erfolg. König Ludwig durfte sich
am Abende seines Lebens mit Befriedigung sagen, dass seine dichterische Prophezeiung von dem Baume
der deutschen Kunst, zu dessen Pssanzung er Cornelius berufen hatte: „Tiefe feste Wurzeln wird er
schlagen in dem ganzen deutschen Vaterland — In der Zukunft Ferne wird er ragen, wenn des Staats-
manns Werk schon längst verschwand" eingetroffen war. Überdies aber hat München Alles, was es im
Laufe des letzten halben Jahrhunderts geworden, hat namentlich den Übergang von einem reizlosen,
unbedeutenden Städtchen zu einer der anziehendsten, von den kunstliebenden Reisenden aller Völker mit
Vorliebe besuchten grossen Städte Deutschlands der 1818 vom damaligen Kronprinzen durch Cornelius
eingeleiteten Kunstbewegung zu verdanken. Der Ruhm der Fresken in der Glyptothek verbreitete sich
über Deutschlands Grenzen, und als der kurz vorher zum Thron gelangte König- Ludwig dem Meister

1 Unter den Papieren von Cornelius hat sich solgender Herzenserguss! in nicht gerade classischer Form erhalten: ,,0 Italia mia! Vero
paradiso terrestro ! Solo del seno tuo nacque quel armonioso complesso del divino hello e del grande e magiestuoso nell' arte, Con umilitä ma
anche con orgoglio mi stimo l'ultimo dei tuoi discepoli."
 
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