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RUDOLF FRIEDR. HENNEBERG.


jERHALTNISSMÄSSIG spät und unter Umständen, welche ein minder starkes Talent kaum
hätten zur vollen Entwicklung und zu hervorragenden Leistungen gelangen lassen, hat sich
Rudolf Friedrich Henneberg zur Künstlerlaufbahn durchgearbeitet. Am 13. September 1825
zu Braunschweig geboren, wurde er, den Traditionen seiner Familie gemäss, für den Staatsdienst
bestimmt und studirte von 1845 bis 1848 an den Universitäten zu Göttingen und Heidelberg Juris-
prudenz; hierauf prafticirte er ein Jahr lang als Auditor bei dem Stadtgerichte seiner Vaterstadt.
Endlich wurde in ihm der Drang zur Kunst, den er nur in den Mussestunclen spärlich befriedigen konnte,
so mächtig, dass er sich 1850 nach Antwerpen begab, um an der dortigen Kunstakademie gründliche
Malerstudien zu machen. Nach zweijährigem Aufenthalte in der Scheldestadt ging er nach Paris, wo
er durch kurze Zeit das Atelier des damals als Künstler wie als Lehrer in Ansehen gestandenen
Coloristen Thomas Couhire, eines Schülers von Gros und Paul Delaroche besuchte, dann aber in regem
Verkehr mit einigen deutschen Malern, die sich in Paris aufhielten, darunter auch mit Knaus, auf eigene
Fault sich fortbildete. Auf seine Erstlingsarbeit aus dem Jahre 1853 „Badende Studenten" folgte das im
Jahre 1856 vollendete erste bedeutendere Bild„Der wilde Jäger".Es trug dem Künstler, der es im„Salon"
zur Ausstellung brachte, eine goldene Medaille ein und fand in Paris einen Käufer, aus dessen Besitz
es nach drei Jahrzehnten in die Berliner National-Galerie gelangt ist. Eine etwas kleinere Wiederholung
dieses Gemäldes, das für die ganze künftige Richtung Henneberg's dem Stoffe wie der Ausführung
nach charakteristisch erscheint, befindet sich in der Galerie Sckack, deren Besitzer mit dem Künstler
innig befreundet war. Die Composition ist mehr als eine congeniale Illustration zu Bürger's berühmter
Ballade sie trägt vielmehr das Gepräge einer selbstthätigen, aus eigener Fülle schöpfenden Phantasie.
Der Künstler hat nicht nur in der Composition, sondern auch in der Charakterisirung und Bewegung
der einzelnen Figuren die dem Gegenstande der Darstellung zu Grunde liegende Idee meisterhaft
ausgedrück ; unwiderstehlich wie ein Wirbelwind und unerbittlich gleich entfesselten Elementar-
geiltern rast der Jagdzug vorübe ; die Farbe sogar drückt tresflich das Zittern und Flimmern des
Lichtes aus, in welchem eine in so raschem Flug vorüberziehende Fülle von Gestalten zu erscheinen
pssegt. Ein nicht ganz ebenbürtiger Wurf Henneberg's war seine 1860 gemalte Illustration zu Schiller's
Novelle „Der Verbrecher aus verlorener Ehre", welche sich gegenwärtig im Besitze der Berliner
National-Galerie befindet, obgleich die Charakterisirung der einzelnen Figuren, insbesondere des
in der Räuberhöhle dumpf brütend sitzenden Sonnenwirthes, der zügellosen Dirne Margarethe, sowie
des Führers der Bande mit besonderer Sorgfalt durchgeführt und die Scene mit coloristischer Fein-
fühligkeit beleuchtet erscheint. Im folgenden Jahre, 1861, begab sich der Künstler über Venedig nach
Rom, wo er durch zwei Jahre vornehmlich Land und Leute in der Campagna studirte; dann blieb er
in Neapel und Florenz durch längere Zeit, besuchte abermals Paris und ging hierauf nach München,
wo er für zwei Jahre seinen Aufenthalt nahm. In der Isarstadt begann Henneberg die Composition
jenes Gemäldes, welches seinen Namen allgemein bekannt machen so'he: „Die Jagd nach dem Glück".
An diesem seinem Hauptbilde, welches jener Geilt dusterer, mittelalterlicher Romantik umweht, der
sich in den „Todtentänzen" ofsenbart, obzwar ihn ein Hauch moderner Schönheitsempfindung mildert,
hat der Künstler jahrelang gearbeitet, indem er die Composition mehrmals vollständig umänderte und
sie selbst in ihrer gegenwärtigen Gestalt nur gegen sein eigenes Genügen bestehen liess. Graf Schock,
welcher das Entstehen des Bildes genau verfolgt hat, ilt sogar der Ansicht, dass er das Gemälde schöner
gesehen habe, ehe es seine heutige Erscheinung empfing und bedauert, dass der Künstler sich viel zu
Berggruen; Die Galerie Schack. \ Henneberg.
 
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