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Gesellschaft für Vervielfältigende Kunst [Hrsg.]
Die Graphischen Künste — 11.1888

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Heft 2
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Lützow, Carl von: Raffael's Bildungs- und Entwicklungsgang, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.3329#0044
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Ansicht von Urbino mit dem Schloß der Montescltrc

RAFFAEL'S BILDUNGS-
UND ENTWICKLUNGSGANG

EINLEITENDES.


uf grundverschiedenen Wegen und von weit entfernten Standpunkten aus hat man
während der letztverflossenen Decennien in das Wesen und in den Werdeprocess
der Kunst Rasfael's neue überraschende Einblicke gewonnen. Giovanni Alorelli legte
das Fundament zu seiner epochemachenden Entwicklungslehre der italienischen
Kunst und zeigte vornehmlich an dem Beispiele Rasfael's, wie wir die Elemente der
Formensprache und der künstlerischen Handschrist des Meisters wisfenschaftlich sest-
stellen und in das Wirrsal falscher Überlieferungen endlich Klarheit bringen können. Die Bilder und
insbesondere die Zeichnungen aus Raffael's Jugend liegen uns kritisch neu gelichtet vor und in der
Gruppe der umbrischen Maler, welche dem aufzeigenden Gestirn des Urbinaten den Weg bahnten,
leuchten jetzt Timoteo della Vite und Pintoricchio hell hervor, während der Glanz Perugino's im
Erbleichen ist. — Ebenso tief eingreifend und ergiebig, wie diese glücklich errungenen Aufklärungen
über Raffael's Jugendzeit, war Springer's Exegese der die elsten römischen Jahre des Meisters ersül-
lenden Gedanken. In dem Bildercyclus der Camera della Segnatura enthüllte sich uns der vollendete
künstlerische Ausdruck der Ideen des Humanismus. Weit inniger und unmittelbarer, als man es je
gedacht, hängt der Gestaltenkreis dieser Decken- und Wandgemälde mit den Grundanschauungen
über die geistigen Mächte des Lebens zusammen, welche seit dem Beginn der Renaissance die
gebildete Welt Italiens und von der Mitte des fünfzehnten Jahrhunderts an auch den päpstlichen
 
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