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Gesellschaft für Vervielfältigende Kunst [Hrsg.]
Die Graphischen Künste — 11.1888

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Heft V
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Bode, Wilhelm: Die Fürstlich Liechtenstein'sche Galerie in Wien, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.3329#0152
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Gemälden von Rubens gewohnt sind. Dies erklärt lieh aber daraus, dass wir es hier mit ein paar
Werken aus Rubens' Jugend zu thun haben, die in den ersten Jahren nach seiner Rückkehr aus
Italien gemalt wurden und daher noch stärkere italienische Einslüsse zeigen. Jene starkknochigen
Jünglingsgestalten in malerischer Verkürzung mit den schönen Lockenköpsen und schwärmerischem
Blick finden wir auch in dem Mittelbilde des Hochaltars von Santa Maria Nuova zu Rom und in
der »Beschneidung« auf dem Hochaltar von San Ambrogio zu Genua, die beide den letzten Jahren
seines Aufenthaltes in Italien angehören. Die Vorbilder dazu sand Rubens in Melozzo's jugend-
schönen musseirenden Engeln in der Kuppel von Santi Apostoli zu Rom und in Correggio's Kuppel-
malereien in Parma, deren Studium lieh auch in der Zeichnung und der Verkürzung seiner Geftalten
aus dieser Zeit verräth. Könnte man in dielen Figuren den Rubens nicht herauserkennen (ein aus-
merksamer Vergleich wird freilich auch in dielen den Zusammenhang mit den späteren Gemälden
unsehwer ergeben), so können doch die beiden nackten Burschen aus dem hier abgebildeten
rechten Flügelbilde, die das Spiel der Engel mit ihren Kinderstimmen begleiten, keinen Zweisel über
den Urheber bestehen lasfen: in ihren runden, fleischigen Formen, ihren blonden Lockenköpsen,
ihrem schalkhaften Ausdruck lind sie echt Rubens'sche Kindergestalten. Der Kops des Engels, der
schelmisch zur Seite (ehielt, kehrt fall unverändert in einem etwas späteren Bilde wieder, das ich
oben schon erwähnte: in dem »Christkind mit Johannes und zwei Engeln« im Belvedere; hier geht
der Engel, welcher das Lamm dem Johannes hcrbeischleppt, aus dieselbe Studie zurück, die jenem
Engelskopfe zu Grunde liegen. Von unverkennbar RubensTchem Charakter lind auch die beiden
Colossalfiguren auf der Rückseite, die, grau in grau gemalt, wie Statuen in Nischen gestellt lind: ein
schöner, bärtiger Apostel, an Raffaelische Vorbilder erinnernd, und die heilige Maria. Leider lind die
Füsse abgeschnitten; an der Vorderseite, wo die Bilder vollständig erhalten lind, war urfprünglich
wohl nur ein Ornament oder eine Inschrift unter den Gemälden angebracht. Sind schon die Vorder-
leiten als Decorationen gedacht und daher flüchtig in der Aussührung, so ist dies bei den sar'~,r>fen
Rückseiten noch in weit höherem Masse der Fall.
Für diese verhältnissmässig untergeordneten Bilder ist ausnahmsweise etwas Näheres über ihre
Herkunft bekannt. Sie wurden vom Fürsten Wenzel um das Jahr 1770 angekaust; damals galten
sie schon als Werke des A. Hanneman.
 
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