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Gesellschaft für Vervielfältigende Kunst [Hrsg.]
Die Graphischen Künste — 12.1889

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Lützow, Carl von: Die Kunst in Wien unter der Regierung seiner kaiserlich königlich apostolischen Majestät Franz Joseph I.
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https://doi.org/10.11588/diglit.3330#0010
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maierei die köstlichsten Blüthen, sah sseh aber damit ausschliesslich auf die kleinen Kreise der Kenner
und Liebhaber angewiesen, ohne Berührung mit einer in's Grosse führenden Lebensluft,
In den Vierziger-Jahren tauchen die ersten Namen auf, die im neuen Wien zu höherer
Bedeutung gelangt sind: Führich malt seinen Passionscyclus für die Johanneskirche in der Prater-
strasse, Hänsen ist betheiligt an dem Bau des evangelischen Gotteshauses in der Vorstadt Gumpendorf.
— Aber zum allgemeinen Ausschwunge der Kunst kam es erst, nachdem die Kämpfe und Stürme
des Revolutionsjahres ausgetobt und einem ruhigen Fortsehreiten auf allen Bahnen des Cultur-

lebens Platz ge-
machthatten. Der
Geist der Freiheit
und Ösfentlich-
keit, welcher die
neue Staats- und
Rechtsordnung
durchdrang, die
Autonomie des
städtischen Ge-
meinwesens besie-
gelte, dem Handel
und Verkehr frü-
her nie geahnte
Dimensionen gab,
wurde zum er-
lösenden Princip
auch im Reiche
der Künste.
Vor Allem
galt es die Beseiti-
gung der bureau-
kratischen Orga-
nisation des Bau-
wesens. Das be-
Ereisternde Wort


Inuenanfuht und Gnuidrifs der AU- Lerchensdder Kirche.

eines Schweizer
Architekten, des
hochbegabten Jo-
hann Georg Mül-
ler, brachte diesen
folgenreichen Um-
schwung zu Stan-
de. Der Grundsatz
allgemeiner freier
Concurrenz kam
zum Durchbruch.
Wir verdanken
diesem Siege zwei
epochemachende
Schöpfungen mo-
numentalen Stils:
die nach Müller's
Plänen errichtete
Alt-Lerchenfelder
Kirche und den
Riesenbau des k.k.
Arsenals, das ge-
meinsame Werk
vanderNüll's und
Siccardsburg's,L.
Förster'sHansen's

und Rösner's. Die Kunst war damit wieder auf sich selbst gestellt. In jugendlichem Feuer ergrisf sie
die längst verloren geglaubten Ideale des Mittelalters und weckte neues Leben aus den Ruinen.
Die führenden Geister auf dem Gebiete der Alterthumswissenschaft jener Tage, ein Heider und Eitel-
berger, ein Sacken, Camesina, Weiss, Lind u. A., gingen mit den Künstlern Hand in Hand. Die grosse
Gemeinsamkeit der bildenden Künste, wie sie die classischen Epochen der Vorzeit gekannt, wurde
wieder hergestellt. In den malerisch erdachten schönen Hallen der Alt-Lerchenfelder Kirche wie in
den Prachträumen des Waffenmuseums war dem gesammten Chor der bildenden und ornamentalen
Künste ein weiter Spielraum zu erfolgreicher Thätigkeit erösfnet. Dort sehuf Führich mit seinen
Genosfen ein farbenblühendes Epos christlicher Malerei in zierlicher, von van der Null entworfener,
polychromer Einrahmung. Hier massen Rahl und Blaas ihre Kräfte in grossen, theils idealen, theils
realistischen Gemälden profanen Inhalts, umltrahlt von Goldgianz und Arabeskenpracht. Es geht
 
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