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Gesellschaft für Vervielfältigende Kunst [Hrsg.]
Die Graphischen Künste — 12.1889

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Bode, Wilhelm: Die holländischen Landschafter in der Schweriner Galerie, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.3330#0091
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dass er aus einer achtbaren Familie in Campen (lammte, dass er hier vorzugsweise lebte und (nach 1663)
starb. Doch ist er nicht in Campen geboren; sein Geburtsort ist vielmehr Amsterdam, wo er im Januar
1585 das Licht der Welt erblickte und seine künstlerische Ausbildung erhielt, wahrscheinlich durch Gillis
van Conincxloo; um 1625 siedelte er nach Campen über und blieb hier bis zu seinem Tode ansässig.
Gillis van Conincxloo gehört zu der beträchtlichen Zahl von vlämischen Künstlern, die gegen
Ausgang des sechzehnten Jahrhunderts um ihres Glaubens willen ihre alte Heimat verliessen und meist
in Holland (nicht seiten nach längerer Wanderung) eine neue Heimat fanden. Hier sind dieselben gerade
für die Ausbildung und die erste Entwicklung einer selbständigen Landschafts- und Genremalerei von
hervorragender Bedeutung gewesen. Die Schweriner Galerie dankt wohl der sauberen Durchführung
und dem Reichthum an amüsanten Einzelnheiten in den Bildern dieser Meister, dass mehrere derselben
Eintritt in die Sammlung gefunden haben; es sind hier Bilder von Savery, Keirincx und Vinckboons
vorhanden.
Von Roelant Savery besitzt die Galerie nur eines jener kleinen farbigen Blumenbouquets, ein
Werk seiner späteren Zeit, wie die Jahreszahl 1627 neben der Namensinschrift ROELANDT SAl'ERY
beweist. Savery, der bevorzugte Hofmaler Kaiser Rudolss II. an seinem Hofe in Prag, war seit 1619
Mitglied der Malergilde in Utrecht. Gleichzeitig mit ihm trat der Blumenmaler Balthasar van der Ast
in die Gilde, dessen Lehrer, der Antwerpener Ambrosius Bosschaert, schon früher von Middelburg nach
Utrecht übergesiedelt war. Hat Savery von ihnen oder von einem anderen der sich an diese Künstler
anschliessenden Blumenmaler Utrechts die Anregung zu seinen seltenen kleinen Blumenstücken
bekommen, von denen das Schweriner Exemplar durch Kraft der Farbe und saubere Ausführung eines
der ansprechendsten ist; oder hat er schon in den Niederlanden in den Werken des Blumen-Brueghel und
seiner Zeitgenossen das Vorbild dafür gefunden? Unter den wenigen datirten Gemälden dieser Art kenne
ich keines vor dem Jahre 1612; dies spräche für die erste Annahme, die auch der Umstand wahrscheinlich
macht, dass der Künstler schon sehr jung nach Amsterdam gekommen sein muss, wo sein Bruder Jacques
Savery sein Lehrer war.
ROELANDT JTAVEslY 16*7
Auch David Vinckboons ist schon jung, noch im Knabenalter, nach Holland gekommen; 1587
siedelte sein Vater Philips mit dem neunjährigen Sohn von Antwerpen nach Amsterdam über. Die
vlämische Abstammung verrathen aber sämmtliche Bilder des David, selbst die seiner letzten Zeit, wie
das eine der beiden Gemälde in der Schweriner Galerie, welches aus seinem Todesjahre 1629 datirt ist,
beweist. Beide Bilder, „Das Liebespaar" und „Das Vogelnest", zeigen noch das bäuerliche Sittenbild
inmitten der Landschaft, wie es der alte Pieter Brueghel geschaffen hatte, und haben noch einen Rest
von dessen derbem, aber frischem Humor. In der Färbung erinnert namentlich „Das Liebespaar" (vom
Jahre 1629) schon an frühe Landschaften des Hendrick Avercamp.

"VlS ,6i9

Stärker wie Savery und Vinckboons hat Alexander Keirincx, freilich wesentlich jünger als jene
Beiden (er wurde am 21. Januar 1600 geboren), sich allmälig von der gleichzeitigen Landschaftsmalerei
beeinssussen lassen;1 die beiden Bildchen der Schweriner Sammlung (Nr. 557 und 55S) sind charak-
1 Aus die Entwicklung des Kunillers und seine Werke bin ich in der „Galerie WesTelhoeft" näher eingegangen.
 
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