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Ein Gruss aus der Ferne.

E,

«r ehrt uns eben so sehr, als er uns erfreut. Er will aber ein Abschiedsgruss sein und das
lasfen wir nicht recht gelten.
Gewiss, wenn ein arbeitsamer Mann nach reichlichem Tagewerk Feierabend machen will, so
darf man ihm das nicht verübeln, und wenn an sein Schaffen sich Segen und Auszeichnungen
knüpfen, so soll er sich derselben ruhig erfreuen können. Doch ist sein Mitthun, seine Weisung und
sein Rath der Welt noch von Nutzen, dann darf auch er sseh uns nicht vorzeitig entziehen wollen.
So denken wir und dass die kunstfertige Hand sseh manchmal müde und unsicher fühlt, verschlägt
nicht viel. Auch in der sieghaftesten Zuversicht beschleichen uns zuweilen Zweifel.
Allerdings gibt es einen Umstand, der selbst dem Rüstigsten den weiteren Weg verleiden
könnte. Und das ist der Fall, wenn ihm ein jüngeres Geschlecht entgegen tollt, welches so sehr von
sseh eingenommen ist, dass es darüber der schuldigen Achtung vergisst, die den Pfadfindern
gebührt. Solch rücksichtsloses Gebahren gibt es heutzutage, — wer wollt' es verkennen? Und
solcher Undank muss gerade diejenigen am schmerzlichsten berühren, die den ungestümen Neuerern
am wirksamsten vorgearbeitet, ihnen uneigennützig das Erbe zugewendet haben. Aber andererseits
und zu anderer Stunde braucht ein weiser Meister eben nur sachte bei Seite zu treten, um den
Schwärm vorüberrasen zu lassen. Was so einseitig speclaculirt, ist nicht von langer Dauer, und wer
diesfalls das Nachsehen hat, darf sich ein Lächeln gönnen.
Es ist der Altmeister Hugo Bürkner, der uns zu Weihnachten mit der lieblichen Radirung» Die
Holzträgerin« bedacht hat. Eine Hand, die noch so sicher führt, darf nicht i'chon daran denken,
sich zu misstrauen.
Das Blatt ist nach einer frühen Skizze von Loren- Fröhlich in Kopenhagen gearbeitet, von
dem wir leider nicht viel mehr willen, als dass er sseh um die Wende der Vierziger-Jahre in
Bendemann's Atelier durch Talent, idealen und monumentalen Sinn hervorthat. Später kam er
über Rom nach Paris, wo er sseh verheiratete, lange Jahre thätig war und eine mehr realistische
Richtung einsehlug. Seine ersten selbständigen Werke waren Gestalten aus der nordischen Götterwelt
in Lithographieen und Radirungen. In Paris lieferte er vielfach Illustrationen für den Holzschnitt.
Aufträge der dänischen Regierung führten ihn nach Norden und vornehmlich in Schleswig fand er
Gelegenheit, seinen monumentalen Sinn zu bethätigen.
So viel über Bürkners Jugendfreund; der Meister selbst sleht uns weitaus näher. Er tritt uns
sympathisch aus dem Lebensbild entgegen, das in unseren »Graphischen Künsten«, Jahrgang 1885,
der mittlerweile aus dem Leben geschiedene Kunsthistoriker J. E. Wesfely entworfen, und ein
Wachsen und Schaffen, wie solches in dieser Würdigung geschildert wird, ist das bürgerliche, aber
kunstadelige Widerspiel von Überhast und früher Erschöpfung, die von sich lagen könnte: »Mein
halbes Leben (türmt' ich fort, verdehnt' die Hälft' in Ruh.«


 
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