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Christian Morgenstern. Von
Placaten das grosse bereits ver-
griffene Blatt der »Weber« vom
Gastspiel des Berliner deutschen
Theaters in Prag. Im allgemeinen
ist ihm aber die Wirkung des
Placates nicht intim genug. Er
bevorzugt daher in neuerer Zeit
namentlich die Buchausstattung
und hat in dieser Hinsicht. für
den Wiener Verlag u. A. be-
merkenswerte Arbeiten ge-
leistet.

Seine Erfindungsgabe ist ja
unerschöpflich. An guten, humor-
vollen und satyrischen Einfällen
hat es ihm nie gefehlt. Das zeigen
die köstlichen Neujahrskarten
und Balleinladungen, in denen er
gelegentlich denganzen wälschen
Salat der Errungenschaften des
XIX. Jahrhunderts: von der Post-
kutsche bis zum lenkbaren Luft-
schiff, von Beethoven bis zur
Serpentintänzerin und vom ehr-
samen Stadtsoldaten bis zum
Bogenlicht gleich in derDruckerei
auf den Stein gezeichnet hat.

Wie es dabei in seinem
Kopfe aussieht, offenbarte er uns
vor zwei Jahren auf der Einladung zu seiner Brünner Ausstellung. In goldigem Schimmer tauchen
da lustige Bilder seines Wanderlebens vor ihm auf: der St. Veitsdom vom Hradschin, die engen
Gassen Londons, holländische Windmühlen und polnische Händler, Ruthenen und Slowaken und

ganz zuletzt ein japanisches Frauenköpfchen--über das Ganze aber schleicht, kaum sichtbar,

unhörbar der schwarze Knochenmann mit der Sense. Das ist reiner Orlik. So ist er und bleibt er
bodenständig, wie weit auch seine Gedanken über die niedrige Stadtmauer hinaus ins Hohe,
Unendliche fliegen.

Julius Leisching.

Emil Orlik, »Japanische Kinder«.

Nach dem Oritnnalholzschnitt.
 
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