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EURE EXCELLENZ!

Eure Excel lenz haben, von körperlichen Leiden bedrückt, den Entschluss gefasst
und ausgeführt, aus dem Verwaltungsrathe, dessen Leitung durch mehr als drei Jahrzehnte
in Ihren Händen ruhte, auszuscheiden. Uns, den Zeugen der hingebungsvollen Liebe, welche
Sie an diesen Wirkungskreis gefesselt hielt, geziemt es, uns, wenn auch mit Trauer, diesem
Entschlüsse ehrfurchtsvoll zu beugen. In diesem Augenblicke, dessen entscheidend wichtige
Bedeutung für die Geschichte unserer Gesellschaft uns klar vor der Seele steht, möge uns
Eure Excellenz erlauben, im Namen der Gesellschaft Ihnen unseren verehrungsvollen Dank für
alle die aufopfernde Mühe, für alle die nie ermattende treue Sorge, welche Sie die langen Jahre
her der Gesellschaft und ihren grossen Aufgaben gewidmet haben, auszusprechen und unseren
herzlichsten Wunsch entgegennehmen, dass Sie Ihre körperliche Frische bald wieder erlangen und
noch lange als unser Ehrenobmann Ihr Auge über Ihrer Schöpfung wachen lassen möchten.

Als dereinst die Führung unserer Vereinigung, damals eines Kunstvereines, wie es viele gab,
mit matt pulsirendem Leben und unbestimmtem Wollen, in Ihre Hände gelegt wurde, erkannten
Sie als erste Nothwendigkeit die eines individuellen Arbeitsfeldes, in dessen Bebauung sich Künstler,
Kunstfreunde und Kenner zu fruchtbarer Wirksamkeit vereinigen könnten. Sichern Blickes
erkannten Sie in den vervielfältigenden Künsten ein solches Gebiet, das gerade damals die Stütze
einer kräftig organisirten Vielheit besonders dringend erheischte. So schufen Sie in der „Gesell-
schaft für vervielfältigende Kunst" eine Organisation, die in der Hut Ihres starken Willens
und Ihres klaren Blickes zu einer immer weiter ausgreifenden Wirksamkeit erwuchs, gleich segens-
reich für die lebendige, schaffende Kunst wie für die Ausbreitung ihres geniessenden Verständnisses
und ihrer historischen Erkenntnis. Die Geschichte der Gesellschaft, die, wie wir mit Stolz sagen
dürfen, ein Abschnitt der Kunstgeschichte bleiben wird, ist zugleich eine Geschichte Ihres Wirkens,
denn die Seele unserer Vereinigung ist bis heute Ihre unvergleichliche Persönlichkeit gewesen.
Ihre unerschöpfliche Thatkraft, Ihre jugendfrisch gebliebene Thatenlust, Ihre nie versiegende
Begeisterung, Ihr froher Muth, Ihr ausharrender Wille, Ihr erfinderischer Geist, Ihr sicher auf das
Gesunde und Echte gerichteter Blick, ihre glücklich schaffende Hand: alles das in Ihrer ebenso
starken wie liebenswerten Natur vereinigt, war der Herzschlag, der bisher das Leben im Organismus
unserer Gesellschaft unterhielt.

Wir danken Ihnen heute im Namen der Gesellschaft, die Sie zu solcher weithin sichtbaren
Höhe emporgeführt haben, und aller ihrer Glieder, im Namen der Künstler, die durch Sie zu frohem
Schaffen angeregt und gefördert wurden, im Namen aller derer, die irgend von den Wirkungen der
Thätigkeit unserer Gesellschaft berührt wurden, Freude und Erhebung aus einer ihrer zahllosen,
über die ganze Welt verstreuten Schöpfungen gewinnend. Wir danken Ihnen im Namen der edlen
Kunst selbst, der Ihre treue Pflege in schweren Zeiten eine sichere Zuflucht bot. Berufen und
entschlossen, Ihr Werk in Ihrem Geiste nach unseren Kräften fortzusetzen, danken wir Ihnen auch
im Namen einer frohen Zukunft, von der wir noch manche grosse Aufgabe erhoffen.

Wien, im April 1902.

Der Verwaltungsrath
der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst.
 
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