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Gesellschaft für Vervielfältigende Kunst [Hrsg.]
Die Graphischen Künste — 25.1902

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Graul, Richard: Leopold Freiherr von Wieser
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https://doi.org/10.11588/diglit.4252#0128
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LEOPOLD FREIHERR VON WIESER.

Der Optimismus prophetischer Stimmen, die mit dem Beginn des neuen Jahrhunderts den
Anbruch eines künstlerischen Zeitalters verheissen haben, war wohl um einiges verfrüht. Wir fühlen
uns noch weit von dem idealen Zustande einer das Volk in seiner Allgemeinheit durchdringenden
Kunststimmung. Gewiss aber ist, dass die Sorge um die Förderung künstlerischer Bildung gegen-
wärtig lebhafter empfunden und eifriger betrieben wird als in irgend einem früheren Zeitalter.

In der That ist der »Hunger nach Kunst« heute in weiteren Volksschichten lebendiger
als je zuvor in den Zeitläuften aristokratischer Culturen. Überall, wo überhaupt im modernen
Erziehungswesen der Völker ein fortschrittlicher Geist sich regt, da bildet die Erhöhung der künst-
lerischen Empfänglichkeit des Volkes die Frage, an deren Lösungsich die besten Kräfte versuchen.
Mächtige Hilfsmittel in dem Ringen um die Mehrung der Kunstfreude im Volke sind ohne Zweifel
die immer zunehmende Menge der Kunstausstellungen, die Vermehrung öffentlicher Sammlungen, die
rührige Betriebsamkeit kunstgeschichtlicher Forschung und Lehre und vor allem die Propaganda
der Künste und Techniken graphischer Vervielfältigung, die alle Grenzen überspringend, weiter
und unmittelbarer wirken als selbst das Wort!
 
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