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eines populären Meisters begnügt. Für die große Masse der Mittelmäßigen mag das vielleicht nicht
gelten, sie kommt nicht in Betracht. Wir sprechen von jenen Gruppen, die in stillen Winkeln
sich von den verwirrenden Eindrücken des großen Marktes befreien und sich der Natur ergeben,
von den Einzelnen, die den Rat des großen, weisen Lionardo: »Der Maler soll der Einsamkeit
ergeben sein« zu ihrem Lebensprinzip machen. Es sind die Starken, über die die Zerfahrenheit der

modernen Kultur keine
Gewalt hat, und von
einem von ihnen haben
wir heute zu sprechen,
von Albert Haueisen.

Haueisen ist noch
jung, er wurde am
7. Juli 1872 in Stutt-
gart geboren. Er selbst
will als junger Künstler
gewertet sein. Das er-
scheint als selbstver-
ständlich, ist es aber
heute nicht. Durch die
vielen Ausstellungen
werden die meisten
Künstler schon zu einer
Zeit in die Öffentlich-
keit gezogen, da sie
noch nichts weiteres zu
bieten haben als Talent-
proben. Der Parteikampf
legt diesenjugendlichen
Werken dann eine Be-
deutung bei, die ihnen
nicht zukommt, und
verführt die Künstler zu
dem Selbstbetrug, sich
für reifer zu halten, als
sie sind. Gewiß,Wunder-
knaben gibt es auch
heute. Aber im allge-
meinen tritt die künst-
lerische Reife viel später

Albert Haueisen, ■■Bettler«.

ein als zum Beispiel in
der italienischen Re-
naissance. Der Grund
jener früheren Reife lag
aber nicht nur in dem
großen Charakter der
Zeit,sondern auch darin,
daß, nach Morelli, »in
jenen für die Kunst so
glücklichen Zeiten die
Künstler schon im fünf-
zehnten oder sech-
zehnten Jahre die Tech-
nik vollkommen erlernt
hatten«. Das hat sich
geändert, unsere Künst-
ler drücken in diesem
Alter noch die Schul-
bänke! Es ist des-
wegen nicht nur der
Ausfluß eines kräftigen
Selbstvertrauens, son-
dern auch ein Akt ehr-
licher Selbstkritik, wenn
Haueisen sagt: Laßt
mir noch mehr Zeit, ich
bin noch nicht fertig,
und so soll die Be-
tonung seines jugend-
lichen Alters auch mehr
sein, als eine rein bio-
graphische Notiz. Der
Lehrgang sei hier nur
in kurzer Form erzählt,
einen bestimmenden Einfluß ausübte.

Nach dem Originalholzschnitt

da keiner seiner Abschnitte auf Haueisens Entwicklung

Mit 15 Jahren kam Haueisen auf die Karlsruher Kunstgewerbeschule, die ihm aber so wenig
entsprach, daß er sehr bald zur Akademie überging, wo er 1 l/t Jahre in der Antike — verlor. Die
nächsten drei Jahre sahen ihn in München, dann lebte er ein Jahr in Italien und darauf wieder ein
Jahr in .München. Ein programmäßiger Fleiß war in jener Zeit seine Sache nicht, er lebte das

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