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Zeit für uns Beide und es war ein gutes Zeichen für seine gesunde Kraft, daß er meinem etwas
impetuosen Temperament widerstand.

Unterdessen hat sich Zdrasila langsam, schwerfällig weiter entwickelt, er geht der ihm eigenen
Art entgegen, ganz sicher, wie ich glaube.

Im Jahre 1897 hatte das Troppauer Museum seine ersten Studien aus der Troppauer Umgebung
ausgestellt, schlichte, ehrliche, etwas spießbürgerliche Sachen, mit viel Respekt vor der Natur und
guter solider Technik, aber es waren eben doch nur gut abgeschriebene Bilder. Persönlich an
ihnen war die Schlichtheit, die Einfachheit und die Liebe. Mir fällt der »Zaunkönig« in Heyses
Roman »Kinder der Welt« ein. Prinzipiell anders waren dann die schlesischen Landschaften in
der Zdrasila-Ausstellung von 1902, die im Troppauer Museum und im Salon Pisko in Wien zu
sehen war.

Nicht etwa in den Motiven, die waren dieselben geblieben, die schlesischen Birkenwäldchen,
die schmalen klaren Flüßchen, die ruhigen Täler und einfachen stillen Häuser an dem Wasser.
Aber es war ein neuer Rhythmus darin, eine starke synthetische Kraft, etwas Zusammengefaßtes, auf
einen großen Ton Gestimmtes. Ich möchte am liebsten sagen, etwas Musikalisches, verwandt mit
den Volksliedern oder Gebirgsmärchen. Ganz klar war es noch nicht, es war noch viel Ringen dabei
und manches Überflüssige, Außere, aber die Linien des neuen Stils für sich hatte Zdrasila gefunden.

Und bis heute ist er noch nicht im vollen Besitze seines Stils, er ist jetzt wieder einmal ver-
sunken in eine Zeit mehr technischen Schaffens und Übens, in der man vieles an Äußerem lernt,
aber dafür auch zu sehr in der strengen Nachahmung der Naturvorbilder lebt. Ein Mensch von
der ruhigen gesunden Kraft Zdrasilas arbeitet allerdings unter dieser Oberfläche ruhig weiter und
geht seiner Lösung entgegen.

Jene Ausstellung von 1902 enthielt einiges, was hier erwähnt werden muß. Zwei Bilder im
Troppauer Museum geben ein Stück einer Troppauer Vorstadt an der Oppa, wo die Wege enger
werden und kleine, niedrige, einstöckige Häuser unter breiten Bäumen am Ufer lagern, mit Geranien-
töpfen in den Fenstern.

Diese enge liebe Stimmung, eine richtige Biedermeierstimmung, hat der Künstler in diesen
Bildern stark niedergelegt. Eine alte winklige Vorstadtstraße, die »Schwarze Gasse«, krumm,
unregelmäßig, von der Oppa, über die eine niedere Brücke führt, ausgehend, hat er mit seiner
Liebe für das Enge, Verbogene, Bucklige und Groteske wiedergegeben.

Ein anderes Bild zeigt ein Dorf, im langgezogenen niederen Format, friedlich hingelehnt,
darüber die Wolken. Überhaupt seine Wolken, sie sind so individuell, so variabel und sagen so
viel. Wir haben in unserem Schlesien tiefblaue, unermessliche Himmel nur im Spätherbst, der ist
schön, wie es Träume oft sind, sonst haben wir fast stets Wolkengewimmel, graublaues, düsteres
Gemenge, fortwährend wechselnd. Und die liebt Zdrasila. Seine Bilder zeigen stilisierte Wolken-
symphonien. Die Wolken und die Bäume, die Birken und die Weiden vor allem nahmen zuerst
Stil und eigene Form in seinen Bildern an. Dann folgte das Wasser, das er immer wieder studiert,
liebevoll, eindringlich, wenn es in ausgefransten verrückten Bachwindungen in einer Tümpelecke
sich staut und das blaue Sonnenlicht aufsaugt, die grünen Blätter wiederspiegelt. Und jetzt folgen
ihnen die großen Linien unserer Vorberge.

Ich kenne wenig Maler, die so leidenschaftlich den Winter lieben wie Zdrasila. Er hat stunden-
lang trotz der strengsten Kälte bei einem kleinen transportabeln Öfchen im Freien gemalt. Bei
Dr. Wilhelm von Härtel in Freiwaldau hängt ein Stück Fichtenwald, nur die Stämme und überall
Schnee. Blau lagern im Sonnenlicht die Schatten der Bäume im kalten Weiß des Bodens. Es ist

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