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Gottfried Galston

BACH

BRAHM5
LISZT

CHOPIN

JEUDI 18 MAI 1911. Ä 9 H EU R ES DU SOIR

salle erard, 13. Rue du Mail ,.

Jean Veber.

Diffuses, als ob sie über den Rahmen weg in unser Leben hineinstrebten. So wie auch moderne
Zimmereinrichtungen den Bewohner beständig auffordern, sich mit ihnen auseinanderzusetzen.
Die Erklärung dafür ergibt sich aus vertrautem Verkehr mit Werken beider Art - nur ein Genie
dürfte es blitzartig sofort erschauen: die alten Bilder haben ihren Mittelpunkt unendlich weit
rückwärts in einer geträumten Welt — sei es nun der christliche Himmel oder die antike Götter-
welt oder die morgenländische Welt der Bibel. Ja noch mehr: es ist eine Kunst von und für
Menschen, denen die Kunst im Mittelpunkt ihres Lebens stand. Der verschriene braune Atelierton
war doch der schwere, feierliche Grundakkord einer gesättigten, reichen Stimmung, die auch
das Trivialste zu einem Gebilde höherer Art gestaltete. Auch die Porträte machen davon keine
Ausnahme. Wenn das ganze Denken und Fühlen einer Epoche aufs Unendliche bezogen ist, kann
natürlich keine Kunstgattung herausfallen. Die lebensfrohe Lavinia gehört wie die tanzenden
Bauern eines Holländers einer idealen Welt an, die aller Naturalismus nicht zu einer rein
diesseitigen machen kann.

Das moderne Bild dagegen hat sein Zentrum in der diesseitigen Welt. Und es ist für und
zwischen Menschen geschaffen, denen nicht mehr die Kunst im Mittelpunkt ihres Lebens steht,
sondern andere neu aufgeschossene Mächte: das naturwissenschaftliche Denken und die Technik,

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