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MORITZ VON SCHWIND

(UNBEKANNTE SKIZZENBÜCHER DES MEISTERS).

Es hängt wohl mit der isolierten Stellung zusammen, die Moritz von Schwind innerhalb der
deutschen Kunst eingenommen hat, wenn es uns heute noch verhältnismäßig schwer fällt, sich
von seiner Bedeutung eine richtige Vorstellung zu machen. Der bei aller Schönheit zarte Ton
seiner Kunst kann nur für sich genossen werden, neben den Schöpfungen seiner virtuoseren Zeit-
genossen verhallt er ungehört. Um so bezwingender ist der Eindruck, sobald man ihn allein zur
Sprache kommen läßt, wie dies die Schwind-Ausstellung von 1904 in der Nationalgalerie zu Berlin
und die Ausstellung von Handzeichnungen Schwinds, die Otto Weigmann 1919 in der Münchener
Graphischen Sammlung veranstaltete, glänzend bewiesen. Aber auch die Summe der Bilder und
Handzeichnungen würde noch nicht all das umspannen, was Moritz von Schwind heißt. Ja
manches, insbesondere die Kartons könnten auf einer solchen umfassenden Ausstellung eher der
Wirkung abträglich sein, während das Feinste und Zarteste, der Inhalt seiner Skizzenbücher, als
allzu unscheinbar nicht genügend zur Geltung kommen würde. Schwind selbst bezeichnet in einem
Briefe an 0. Meyer1 »die improvisierten Aufzeichnungen, woraus spätere Werke entstanden sind«
als die wichtigsten seiner Handzeichnungen. Aus diesem Grunde kann man es als ein besonderes
Glück begrüßen, wenn eine größere Anzahl von Skizzen noch dazu im alten Zusammenhang sich
erhalten hat, wie dies bei den beiden Skizzenbüchern der Fall ist, die von Alfred Stix kürzlich für
die Albertina erworben wurden. Jeder, der einmal erkannt hat, wie sehr Schwind mit dem Wiener
Boden zeitlebens verwachsen blieb, wird die relative Gleichgültigkeit seiner Landsleute ihm gegen-
über bedauern. Während sich München eine bedeutende Anzahl von Handzeichnungen und Bildern
des Meisters sicherte, ist nach Wien nur gelegentlich ein Schwind gelangt. In der Albertina hat
erst Josef Meder begonnen, Blätter von Schwind zu erwerben. Durch die beiden Skizzenbücher
wird dieser Besitz schon wesentlich vermehrt und man möchte hoffen, daß damit der Grundstein
zu einer großen Schwind-Sammlung gelegt wird, die durchaus noch möglich ist, da von dem reichen
Schaffen des Meisters außerordentlich viel in Privatbesitz ist und bei Gelegenheit auf den Markt
kommen dürfte.

Es liegt auf der Hand, daß Skizzenbücher als ein Ganzes meist nicht zusammenbleiben. Zeich-
nungen im Passepartout repräsentieren sich günstiger und eindringlicher. Auch steht ja die Zeich-
nung zum Skizzenbuch nicht im Verhältnis von Illustration zum Buch. Sie ist nicht für diesen
Zusammenhang besonders erfunden. Die Bedeutung der Skizzenbücher liegt in erster Linie in ihrer

i Vom 10. Juli 1869. Die Briefe Schwinds liegen seit kurzem in einervon Otto Stoessl besorgten, ausgezeichneten Neuausgabe mit trefflichem
Kommentar vor (Bibliographisches Institut. Leipzig). Fünf unbekannte Briefe werden vom Verfasser obigen Aufsatzes in den folgenden Mitteilungen
der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst zugleich mit einem beschreibenden Katalog der besprochenen Skizzenbücher veröffentlicht.

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