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Möglichkeit einer Wiederholung und Ausbreitung des einmaligen Zeichens setzt ein unabhängiges
Leben und Wachsen der Schwarzweißkunst ein, eben im engen Anschluß an die »Schrift«, zunächst
an die »heilige«, bald an die profane. Aber noch lange nach der Erfindung des Buchdrucks bleiben
Holzschnitt und Kupferstich Nebenübungen. Die beredte Zunge der Graphik ist erst eigentlich gelöst,
sobald die mechanische Technik derVervielfältigung so leichtflüssig, treu und vollkommen und auch
wenigstens annähernd so wohlfeil wird wie die der Reproduktion des geschriebenen Wortes: seit
der Lithographie und in noch höherem Grade: der Zinkätzung. Diese Verfahren ermöglichen eine
schier unbegrenzte gerechte Ausbreitung der Graphik, ihre Wirkung auf viele, das ganze Zutreffen
ihrer Anspielungen, die Weitläufigkeit ihrer Bildvorstellungen.

Erst verhältnismäßig spät wird also die »Griffelkunst« — das Wort stammt von Klinger— ein
eigenes, selbständiges Ausdrucksmittel besonderer Begabungen, die sich stets irgendwie »zwischen
den Künsten« fühlen und es auch zu fühlen bekommen, indem man ihnen das »Literarische«, das
»Poetische«, so recht ihr eigentliches Wesen vorwirft, statt zu danken. Ihre notwendige Abhängig-
keit von anderen Ausdrucksgebieten als den eigentlichen der bildenden Kunst glaubt man ihnen
erst verzeihen zu müssen. In der Sphäre der Wortkunst mag etwa die eigentümliche Situation
des »Schriftstellers« zwischen dem Denker und dem Dichter, eben die des »Aphoristen« zum
Vergleich herangezogen werden. Welche Gefahren dieser künstlerische Mittelzustand und die
Leichtigkeit seiner Wirkung für die Vertiefung und Verläßlichkeit des rein zeichnerischen Aus-
drucks mit sich bringen, liegt auf der Hand. Die Ausschreitungen der »Illustration« ins Gemeine
sind wohlbekannt.

Sei dem wie immer: ein vordem abhängiges Ausdrucksgebiet lockt echte Künstlernaturen,
sich ihm ganz zu widmen und die schwierigeren, jedenfalls weitwendigeren Mittel, sei es der Farbe,
oder von Stein und Erz, des Holzstocks, der Kupferplatte mit der raschen, begnügten Zeichnung
allein zu vertauschen. Ein Daumier oder Goya, ein Klinger, Menzel, Slevogt hätten bereits als bloße
Zeichner, als »Griffelkünstler« ihre volle Bedeutung durchsetzen können, auch ohne ein einziges
Gemälde geschaffen zu haben.

Dies trifft vollends zu bei einem Gustav Dore und im höchsten Maß bei Alfred Kubin, der
(mancher malerischer Arbeiten und der aquarellierten Illuminierung vieler Zeichnungen ungeachtet)
ausschließlich als Zeichner wirkt und vielleicht die Ära einer modernen »Weltlichkeit« der Schwarz-
weißkunst, eine eigentliche Popularität dieser aphoristischen Technik eröffnet.

Der uralte Gegensatz: Formund Ausdruck, Farbe und Linie, der romanischen und germanischen,
den bildenden Kunsttrieb überhaupt seit je geistig und grundsätzlich sondert, aber auch belebt, hat
gerade die deutschen Künstler immer zur gedanklicheren, analytischen, wenn man will »idealeren«
Zeichnung verlockt. Alfred Kubin, der »Zeichner« schlechthin, folgt also einer noblen Ahnenreihe,
aber in Deutschland wenigstens scheint er uns der erste unter den »Neuen«, der sich ganz der Flut
seiner schwarzen und weißen Welt von Linien, Strichen, Punkten und ihrer geistigen Inhalte, Möglich-
keiten, Deutungen, Zusammenhänge, Beziehungen überläßt. Er entscheidet sich getrost für den
»Ausdruck« und dessen einzige gerechte Form: die Zeichnung.

So muß man die Unzahl seiner leichtflüssigen, rasch fertigen, aber immer bedeutenden, das
heißt auch immer »etwas« bedeutenden Blätter ansehen, die aus seiner glühenden Phantasie über
die erregbare Hand aufs Papier gekommen sind, um sie richtig anzusehen, um sie zu »würdigen«,
denn eine eigentümliche Würde versunkener inständiger Betrachtung gehört allen diesen noch so
eiligen Äußerungen an, die vom Fieber des Mitteilungstriebes brennen und notwendig das »Was«
über das »Wie« setzen. Nur als Zeichner von vielleicht heute schon an 3000 Blättern — es gibt

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