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bewußt und feinfühlig ihrer Wirkungen sicher; jedes Blatt ist individuell, aus kühnster Kombination
verschiedener Verfahren entstanden, erst dem Studium der Originale gelingt es, das Raffinement
zu entziffern, mit dem hier subtile Nuancen hervorgebracht werden. Die »Mondnacht« verdankt die
traumhaft gedämpfte Stimmung, in der sie untertaucht, dreifachem Vernis mou, einem Verfahren,
in dem sich die Härte der Formen löst. Das Blatt »Montblanc« in seinem dritten Zustand — es
ist wie viele der Radierungen Frankls durch eine Kette von Veränderungen hindurchgegangen, die
ihr Gerüst von Grund aus verändern — ist zuerst geätzt, dann mit dem Diamant überarbeitet. Die
Blätter »Marmolata« und »Silvretta« sind mit Diamant und Roulette gearbeitet, bei dem zuletzt
genannten überdies der Vordergrund geschabt.

Hier, in einer graphischen Zeitschrift, mag von den Rezepten die Rede sein, die der Künstler
in seiner Küche verwendet. Aber es ist charakteristisch für ihn, daß diese aus unendlichem Experi-
mentieren und Überlegen gewonnene Gesuchtheit sich niemals vordrängt. Jene technischen Kniffe
zu kennen ist tatsächlich überflüssig; sie sind nichts als Arbeitsbehelfe, Unterlagen, Mittel zum
Zweck. Der Zweck selbst bleibt der aller Kunst, einen Blick ins Wunderbare zu tun; eine Ahnung
von Erlebnissen zu erwecken, an die kein Weg heranführt als der der Kunst.

Gerhart Frankl ist am 12. Mai 1901 in Wien geboren. Nach zwei Semestern technischer Hochschule widmete
er sich der Kunst; er lernte 1920, 1921, 1922 durch mehrere Monate in Nötsch bei Anton Kolig. Über sein malerisches
Werk unterrichtet ein im Verlag der Neuen Galerie in Wien 1930 erschienenes Büchlein des Verfassers.

Hans Tietze.
 
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