DOI Artikel:
Billinger, Richard: Dome: Ein paar Worte zu Erwin Langs Holzschnitten
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.6347#0029
DOME.
EIN PAAR WORTE ZU ERWIN LÄNGS HOLZSCHNITTEN VON RICHARD BILLINGER.
Vielleicht soll der nicht Unterrichtete und Un-
gelehrte sich hüten, über Kunstdinge zu sprechen,
die sein Herz nur ansingen und lobpreisen will.
Wohl mag der Kunstverständige gerechtere und
auch die richtigen Worte finden, ein Kunstwerk
zu erklären, es in seiner Wesenhaftigkeit zu be-
stimmen. Sitzt einem das Gefühl wie Zeus' Adler
auf jedem roten Blutstropfen, vermag man nur zu
stammeln, ein Begeisterter zu sein, kein zünftiger
Zergliederer und Deuter.
Erwin Längs Holzschnitte »Gotische Dome«
überraschen durch das Inerscheinungtreten des
Grundrisses, architektonischen Planes trotz der
Vielfalt des Einzeldings, durch das geheimnisvolle
Helhverden des Dunkels, der mystischen Bezirke
des Göttlichen.
Kaum einer in deutschen Landen und über alle
Heimat hinaus vermag sich dieser Faust zu rühmen,
die aus dem Holze den Splitter hebt, es ausschürft,
wie mit Runen füllt, bis sich dann in einem Schwarz-
weißblatte ein Weltbild darstellt, »wird«. Wie funkelt
es um Gottes Lenden, die diese Dome zu versinn-
bilden scheinen, wie sitzt gleich heiligem Schnee
dies Weiß neben dem mächtigen Schwarz! Diese
Gebettürme läuten die Nacht und den Morgen ein,
dieser Dom von Regensburg ist wie ein Gottesgebirge, der Äther scheint, auf solch Herzgeschnörkel,
Kristalligem, Sprießendem ruhend, zu blitzen, die Ufer der Ewigkeit werden sichtbar.
NötreDame, der Dom zu Straßburg, die deutschen Dome, der Wiener Stephansdom — ihr Inneres
auch im Scheine der Opferkerze, in der Versunkenheit eines Betenden, Ebbe und Flut des Menschen-
herzens : wie ist all Außen und Innen dieser Dome schaubar in diesen Holzschnitten, wie ist Geschrei und
Geläute, all das Ungeheure der Vergangenheit, in diesen Bildern uns gewonnen, herznippbar geworden.
Der große Fromme, der jeder Künstler tiefinnerst sein muß, soll sein Werk beständig bleiben,
der schuf diese Kunstblätter, der fing in diese Spiegel den Flug der Engel, Gottes süßen Tau-
gnadenfall. Diese Holzschnitte von gotischen Domen predigen Überwindung des Kleinseins,
Erlösung aus dem Stubengefängnis; jede arme Mauer und Wand, an der dein Pfühl ruht, dein
Tisch wurzelt, schmücken sie wie Kreuz und Wappen.
Erwin Lang. Dom von Regensburg. Holzschnitt.
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EIN PAAR WORTE ZU ERWIN LÄNGS HOLZSCHNITTEN VON RICHARD BILLINGER.
Vielleicht soll der nicht Unterrichtete und Un-
gelehrte sich hüten, über Kunstdinge zu sprechen,
die sein Herz nur ansingen und lobpreisen will.
Wohl mag der Kunstverständige gerechtere und
auch die richtigen Worte finden, ein Kunstwerk
zu erklären, es in seiner Wesenhaftigkeit zu be-
stimmen. Sitzt einem das Gefühl wie Zeus' Adler
auf jedem roten Blutstropfen, vermag man nur zu
stammeln, ein Begeisterter zu sein, kein zünftiger
Zergliederer und Deuter.
Erwin Längs Holzschnitte »Gotische Dome«
überraschen durch das Inerscheinungtreten des
Grundrisses, architektonischen Planes trotz der
Vielfalt des Einzeldings, durch das geheimnisvolle
Helhverden des Dunkels, der mystischen Bezirke
des Göttlichen.
Kaum einer in deutschen Landen und über alle
Heimat hinaus vermag sich dieser Faust zu rühmen,
die aus dem Holze den Splitter hebt, es ausschürft,
wie mit Runen füllt, bis sich dann in einem Schwarz-
weißblatte ein Weltbild darstellt, »wird«. Wie funkelt
es um Gottes Lenden, die diese Dome zu versinn-
bilden scheinen, wie sitzt gleich heiligem Schnee
dies Weiß neben dem mächtigen Schwarz! Diese
Gebettürme läuten die Nacht und den Morgen ein,
dieser Dom von Regensburg ist wie ein Gottesgebirge, der Äther scheint, auf solch Herzgeschnörkel,
Kristalligem, Sprießendem ruhend, zu blitzen, die Ufer der Ewigkeit werden sichtbar.
NötreDame, der Dom zu Straßburg, die deutschen Dome, der Wiener Stephansdom — ihr Inneres
auch im Scheine der Opferkerze, in der Versunkenheit eines Betenden, Ebbe und Flut des Menschen-
herzens : wie ist all Außen und Innen dieser Dome schaubar in diesen Holzschnitten, wie ist Geschrei und
Geläute, all das Ungeheure der Vergangenheit, in diesen Bildern uns gewonnen, herznippbar geworden.
Der große Fromme, der jeder Künstler tiefinnerst sein muß, soll sein Werk beständig bleiben,
der schuf diese Kunstblätter, der fing in diese Spiegel den Flug der Engel, Gottes süßen Tau-
gnadenfall. Diese Holzschnitte von gotischen Domen predigen Überwindung des Kleinseins,
Erlösung aus dem Stubengefängnis; jede arme Mauer und Wand, an der dein Pfühl ruht, dein
Tisch wurzelt, schmücken sie wie Kreuz und Wappen.
Erwin Lang. Dom von Regensburg. Holzschnitt.
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