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Abb. 4. Theodor Fried, Der Klavierspieler. Farbstiflzeichnung.

nung in der Fläche und im Raum gebildet, wird von einer vertikalen Kraft ausgewogen, die wieder
durch verschiedene, doch zusammen wirkende Kräfte gebildet wird. Der pflanzlichen Art der
Materie wird in feinster Art in Farbe und Strich nachgegeben, ohne von einer stereometrischen
Umschreibung der Pflanzenkörper zu lassen: der Ausgewogenheit der Bewegungen entspricht ein
Gleichgewicht zwischen der Naturwahrheit und dem Sehen des Künstlers. Die hier vorhandene Sicher-
heit beherrscht auch die folgenden Blätter, von denen graphische Finzelkompositionen ebenso inter-
essant sind wie die Studien zu den Bildern Frieds; auf eine Abgrenzung seiner graphischen Tätigkeit
gegenüber seinen Bildschöpfungen muß an dieser Stelle verzichtet werden. Thematisch wendet er
sich jetzt mit Vorliebe der Wiedergabe der unbelebten Materie zu: Puppen und Kinderspielzeug,
Lebkuchen, Jahrmarktsfiguren und ähnliche, ihrem Wesen nach tote und doch zu allem zu belebende
Gegenstände werden in ihrer Bedeutung gesehen und wiedergegeben. Diese Gegenstandswahl ist
keine zufällige, sondern tief im Wesen des Künstlers verankert; sie wächst in seiner Kunst im
Laufe der Zeit zu stets wichtiger werdender Sinngebung auf. Rückblickend erkennt man schon in
dem frühen Blatte mit den ruhenden Arbeitern die materielle Lebendigkeit des Taupflockes als damals
noch unbewußten Ausdruck dieses Wesenszuges.

Die Gesetze, die in solchen Dingen gefunden werden, erfaßt Fried auch in seinen Menschen als
wichtiges und wesentliches Moment. Aus dem Jahre 1929 stammt die Studie eines kleinen Mädchens
in rotem Mantel (Abb. 3), die die Gestalt in ihrer plastisch-räumlichen Erscheinung wiedergibt;

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