Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Glatz, Karl Jordan [Hrsg.]
Chronik des Bickenklosters zu Villingen: 1238 bis 1614 — Stuttgart, 1881

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.6273#0083
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
74

sprachen mit etwas sportlichen lachen zue ihr: „Mein liehe muetter,
ir muest wol tussent tuggatten haben, wolt ir dise große gnad er-
langen und erwerben." Die selige muetter sprach mit hüzigem gaist
und sanftem angesicht : „Ich hab meinem gecreüzigten Jesum, den
wil ich für die bezallung darbüeten." Sie sprachen widerunib: „Ja,
ein tuggatten hilft mer dan drey gecreüzigte herren." Aber die gott-
selige muetter lies sich dise rotten nit abwendig machen und gedacht
vil und oft an das wort des heiligen apostels Pauli, der da spricht
zue den Römern an dem 8 capitel: „Wer wil mich scliaiden von der
liebe Jesu Christ, triebsal oder angst?" etc. Sie war ein feste,
starke maur, was allein in leiblichen krankeit halben des ampts
entlassen. Sie war hüzig in der liebe gottes und Hieß gar verstendigk-
lich alle articul in die suplication des wirdigen convents begehren
sözen, aber nur in deüschz. Darumb befalch der erwirdig vatter
custos, Conratt de Bondorff, das sie solle einem gelerten herren und
guethätter des gottshaus geben werten, der sie [33b] sezte in latein.
Solches geschach, dan die frume muetter schickte sie noch des
selbigen dags (dan obgenanter patter wolte nechsten dags sein rais
anstellen) dem ersamen herren Johannes Crus, stattsehriber zue Millin-
gen, und hatte ihn ganzer couvent, das er wolt so geneigt und be-
niüet sein, dise suplication zue sözen in latein und in solche form,
als er wisste, dass es gebreich war, ihr bäpstliche heiligkeit für zue-
legen. Der benante herr und stattschreiber war gar guetwillig und
verhieß den frauen solches zue thue, fieng auch gleich an zue schrei-
ben. Ehe aber solches uf das halb gesezt war, bekam der frume
herr so vill gescheft über von dem ratt und ganzer statt, das im un-
miglich wer, weiters zue schreiben. Und solches entbott er auch der
erwirdigen, andechtigen muetter, wie das es ime unmiglich wiir, in
etlichen dagen solche suplication zue verförtigen wegen allerhandt
zue fallenten gescheften. Ob disem erschracken die frauen und
schwesteren gar herzlich, wisten ihnen sclbsten weder zue ratten, noch
zue helfen. dan sie betten kain mensch, das sie darumb dörften an-
sprechen, und solte die selbige doch befürtiget werden. Waren
deshalben in großem kumer und nöthen, dan sie förchten, das der
wol erwirdige patter custos wurde mit seiner rais fortfahren und
müeßten sie ihn on die suplication hinwegk lassen, welches inen
allen gar ein große betriebtnus war, und saßen also traurigklich bey
ein ander, rüeften gott umb hilf an, der dan die seinigen zue keiner
 
Annotationen