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lassung eines zweiten oder dritten Ortes und Gaues, die Kürzung des geschenkten
Gegenstandes1), zahlreiche Flüchtigkeiten2), kleinere Auslassungen, unglaubliche Schreib-
fehler besonders in den Jahreszahlen und den meist ganz modernisierten Eigennamen
sind so reichlich zu finden, daß Beispiele entbehrt werden können. Andererseits
5 aber zeigt unser Sachregister, welcher Reichtum von Realien trotz allem in den Ur-
kunden erhalten ist, und selbst in formeller Hinsicht haben die dem Schema wider-
strebenden Tausch- und Verkaufsurkunden ihre diplomatische Sonderheit leidlich gerettet.
§ 38. Die Änderungen, deren die Kopisten sich bewußt waren, ließen es ihnen doppelt

notwendig erscheinen, die sachliche Übereinstimmung mit den Originalen zu betonen.
io Auf die Cartae originales, die Originalia, berufen sie sich immer wieder3) und

sie liefern damit den sicheren Beweis, daß Fälschungen ihrer Biederkeit nicht einmal
in den Sinn kamen. Schon aus dem ebenso einfachen wie zwingenden Grunde, weil
diese damals, 400 Jahre nach den Originalen, praktisch völlig wertlos gewesen wären.
Der Besitzstand des Klosters in vielen Gauen war verloren4) und selbst im Rhein-
i5 und Lobdengau so stark verändert, daß mit einer karolingischen Urkunde überhaupt
nichts zu beweisen war. Schwerlich hätten die Kenntnisse der Lorscher ausgereicht,
um so geschickte Fälschungen wie die Eberharts von Fulda zu ersinnen. Nirgends
sprechen sie daher auch von einem praktischen Zwecke ihrer Arbeit, wie ähnliche
Unternehmungen es tun. Historisches Interesse, erbauliches Lesen und Schreiben ist
so ihnen alles.

$ 39. So hat ihnen gerade die naive Gläubigkeit, mit der sie die Heppenheimer Schenkung

mitsamt den späteren Randbemerkungen abschrieben, den unberechtigten Vorwurf
der Fälschung eingetragen, so haben sie getreu auch eine — die einzige — offen-
kundige Fälschung des 11. Jahrhunderts aufgenommen, die nur im Interesse einer

25 Ministerialenfamilie und wahrscheinlich zum Schaden des Klosters hergestellt war.5)
Von ihren Rasuren erweckt nur die zu der wichtigen Nr. 598 Verdacht. Aber auch
sie betrifft nur die formale Einleitung und erklärt sich daraus, daß E zunächst mit
dem ihm geläufigen Anno . . . begann, dann aber, als er die bedeutungsvolle
Schenkung Williswinds erkannte, Invocatio und Arenga aus dem Original über-

30 nahm, wie er das auch sonst bei wichtigen Urkunden tut.6) Häufig unterlaufen den

') Im stärksten Maße durch die Formel quidquid habere videor, deren Häufigkeit im Anschluß
an die Vorlagen periodisch verallgemeinert scheint: nr. 2378 ff., 2410 ff.; 2489ff., 2500ff. usw., oft im
Breis- und Gardachgau bis gegen 2733, dann seltner. Oft im Alemannengau 3246—50, 3276—83.

2) Hierher vor allem die Vermischung der meist periodenweise wechselnden Formeln a und b
(8. oben S. 45) in Eine: Ego in dei nomine (= b) . . . sub die et tempore quo sapra (= a), wobei
aber ,dies et tempus' ganz fehlen. Nr. 911 (wo noch rechtzeitig verbessert), 1158, 1208, 1232/6, 1249,
1329, 1412, 1471, 1503, 1520, 1669, 1919 usw., 2116, 2462, 2730. Andere Vermischungen 929, 936,
980, 1053, 1405, 1504. Vieles davon wohl aus den Vorlagen: 204,246-8, 351, 390, 912, 923, 1228,
1260/6 u. ä. oft.

3) Hand A: K. 2 in originalibus cartis reperientur; K. 4 recurrens ad originalia multo plura,
in eis verborum dumtaxat vicia, non sensuum reperiet. «Plena fides» verspricht Hand E, K. 167,
«Omnis veritas» Hand L mit dem Verfasser der Wetterauer Auszüge K. 3684; den Zweifler verweist
man auf das Archiv: Revolvat in bibliotheca singuloium datorum cartulas et inveniet ibi omnia,
sicut a nobis sunt conscripta.

4) Luxemburg, Rheinlande, Lahngau, Wetterau, Nidda-, Nahe-, Wormsgau (meist), Speiergau,
Elsaß (außer Brumat), Breisgau, Donaugebiet.

5) Nr. 1147. Getreu nach der Vorlage auch Otto dei gratia rex Francorum usw. nr. 72, 78.

G) Andere Rasuren, die ebenso das aus der vorigen Urkunde flüchtig Übernommene tilgen, in
nr. 2207, 3408.
 
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