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Chronik, 1.
Toienb.30.viri. insula5), que nunc appellatur Äldenmunster miciantes, uenerabili Rütgango, Metensis
ejcclesi^ archiepiscopo ad instituendam inibi monastice professionis milit^m tradiderunt, nullius
quidem episcopii seu cuiuslibet e.cclesi£> iuri aut dominio subicientes6), sed quia
minus id per se poterant, tamquam consanguineo7), et tum in dei rebus uiro
5 spectatissimo perficienduma) gubernandumque sub traditionisb) titulo8) co(m)mendantes.
») p'er)fic verbessert anscheinend aus fac und von jüngerer Hand nachgemalt.
b) Hier Bindestrich getilgt.
5) Insula heißt seit ihren ältesten Urkunden (nr. 131 von 1070) erst die Neugründung Alten-
münster, die jedoch deshalb keine eigentliche Insel gewesen sein muß, vgl. insula im Sachregister; sie
liegt proxima, vicina laureshamensi monasterio (nr. 132 f.). Das Hauptkloster selbst wird von allen,
auch den ältesten Urkunden ganz gleichmäßig super fluvium Wisgoz verlegt. Dennoch unterscheidet
die Tradition eine älteste (764) und eine räumlich von ihr getrennte jüngere (774 geweiht, K. 3 u. 7)
Niederlassung, das Hauptkloster. Nach der Überlieferung jener Altenmünstrer Urkunden, denen auch
der Chronist folgt, ist das «Alte Münster» die Erneuerung der ältesten, längst verfallenen Klosterstätte.
Die ältere Literatur (Lamey, Acta Acad. Palat. II, 153; Dahl, Lorsch 111 u. Anhang 66; Falk, Lorsch 2
u. 189) suchte diesen Platz südöstlich vom Seehof, 4 km südlich von Lorsch, bis G. Schenk v. Schweins-
berg in Wagner, Stifte II (1878), 504 die Ruine am Seehof als das Augustinerinnenkloster Hegene
(s. K. 164, Anm. 2), die Kreuzwiese östlich bei Lorsch aber als Ort des ersten Klosters bezeichnete. Aus-
grabungen (Bericht in Quartalbl. des Hist. Ver. 1883, Heft 1 u. 2; Archiv XV, 723 ff.; erneuert 1910
mit Bericht in der Zs. Vom Rhein 1911, 9) brachten daseibst in der Tat eine klösterliche Anlage ans
Licht. Diese ward aber von der älteren Auffassung, vertreten durch Kieser (Beitr. z. Gesch. d. Kl. Lorsch,
Bensheimer Programm 1908 f.) als die Ecclesia Vaiia, die Begräbniskirche, gedeutet, von der sich bis-
lang innerhalb des zweiten Klosters noch keine Spur gefunden habe (doch nur bei unvollständigen
Nachforschungen, Bericht Vom Rhein 1911, 1, und im Widerspruch mit dem Zweck der Kirche selbst,
deren Königsgräber doch wohl im geweihten Bezirk zu suchen sind). Umstritten ist auch das Er-
gebnis der Ausgrabungen am Seehof vom Jahre 1904 — 08 (Bericht Vom Rhein 1905 und besser 1911),
eine romanische Kirche über älteren Grundlagen, die dort auf das spätere Augustinerinnenkloster Hegene,
hier (Kieser) auf das Vetus monasterium, seine Erneuerung 1071 durch Abt Udalrich und seine letzte
Umwandlung in ein Prämonstratenserinnenkloster (nach 1238) bezogen werden.
Eine sichere Lösung dieser Fragen ist nur durch Klärung der Ausgrabungsergebnisse zu erwarten ;
zusammengefaßt sprechen sie nach Gg. Weise, Untersuch, z. Geschichte d. Architektur . . . d. Mittel-
alters, 1916, 45ff. für die Kreuzwiese als Platz des ersten Klosters. Nach der Urkunde nr. 10 lag
die Nazariuskirche vom Jahre 770 — also die alte Kirche, da die neue erst 774 geweiht wurde, K. 7 —
nicht südöstlich vom Seehof, sondern viel weiter nördlich, offenbar bei der späteren Klosteranlage.
Nirgendwo findet sich eine Andeutung, daß es in dieser älteren Zeit eine jüngere und eine ältere
Lorscher Kirche gegeben habe (vgl. z. B. nr. 245), und dies Stillschweigen wäre ganz unerklärlich, wenn
die beiden Klöster eine Stunde voneinander entfernt lagen. Dennoch ist die Nachricht von der ersten
Gründung und Verlegung der Kirche nicht einfach als Klosterlegende zu streichen (so Christ, Vom
Rhein 1907, 2). Eine erste primitive Niederlassung auf Williswinds Landgut, spätere Umbauten und
völlige Übersiedlung auf einen. benachbarten Wohnplatz, nachdem die Verhältnisse des Reichs-
klostere ganz andere geworden waren, sind innerlich sehr wahrscheinlich und werden auch durch
die Quellen bestätigt: Nachdem der Heilige und seine Mönche schon längere Zeit bei der Stiftung
Williswinds, der alten Peterskirche (nr. 1) geweilt, schenkt Thurinkbert 767 (nr. 167) einen Bifang
ad illud claustrum faciendum circa s. Nazarium, Neurodland also, das die Mönche und der Heilige vor-
her sicher nicht inne hatten. Ihren Abschluß findet die «Verlegung», die naturgemäß eher ein Neubau
gewesen sein wird, mit der Kirchweihe des Jahres 774 und in der Nachricht der Ann. Lauresh. zum
Jahre 775: Gundolandus abba mutavit monasterium L. in montem (der heutige Klosterhügel) ubi e. N.
requiescit in corpore.
6) Von solcher völliger Exemption wissen die älteren Privilegien nichts, jüngere widersprechen
ihr, e. nr. 4, 17, 72, 78 f., 146, 151, 164.
7) Die Art der Verwandtschaft unbekannt. Nach Paulus Diac, Gesta (SS. II, 267) stammt
Chrodegangs Familie aus dem Hasbengau (b. Lüttich); vgl. dazu den Ortsnamen Cancaronis fontana
im Ardennengau, Halkin u. Roland, Chartes de Stavelot-Malm^dy, nr. 23 (um 770). Erst die Vita
Chrodegangi (10. Jh., SS. X, 556) bezeichnet seine Mutter Landrad als Schwester König Pippins.
8) Die Traditionsurkunde fehlt, war aber einst vorbanden, s. K. 3, Anm. 11.
Chronik, 1.
Toienb.30.viri. insula5), que nunc appellatur Äldenmunster miciantes, uenerabili Rütgango, Metensis
ejcclesi^ archiepiscopo ad instituendam inibi monastice professionis milit^m tradiderunt, nullius
quidem episcopii seu cuiuslibet e.cclesi£> iuri aut dominio subicientes6), sed quia
minus id per se poterant, tamquam consanguineo7), et tum in dei rebus uiro
5 spectatissimo perficienduma) gubernandumque sub traditionisb) titulo8) co(m)mendantes.
») p'er)fic verbessert anscheinend aus fac und von jüngerer Hand nachgemalt.
b) Hier Bindestrich getilgt.
5) Insula heißt seit ihren ältesten Urkunden (nr. 131 von 1070) erst die Neugründung Alten-
münster, die jedoch deshalb keine eigentliche Insel gewesen sein muß, vgl. insula im Sachregister; sie
liegt proxima, vicina laureshamensi monasterio (nr. 132 f.). Das Hauptkloster selbst wird von allen,
auch den ältesten Urkunden ganz gleichmäßig super fluvium Wisgoz verlegt. Dennoch unterscheidet
die Tradition eine älteste (764) und eine räumlich von ihr getrennte jüngere (774 geweiht, K. 3 u. 7)
Niederlassung, das Hauptkloster. Nach der Überlieferung jener Altenmünstrer Urkunden, denen auch
der Chronist folgt, ist das «Alte Münster» die Erneuerung der ältesten, längst verfallenen Klosterstätte.
Die ältere Literatur (Lamey, Acta Acad. Palat. II, 153; Dahl, Lorsch 111 u. Anhang 66; Falk, Lorsch 2
u. 189) suchte diesen Platz südöstlich vom Seehof, 4 km südlich von Lorsch, bis G. Schenk v. Schweins-
berg in Wagner, Stifte II (1878), 504 die Ruine am Seehof als das Augustinerinnenkloster Hegene
(s. K. 164, Anm. 2), die Kreuzwiese östlich bei Lorsch aber als Ort des ersten Klosters bezeichnete. Aus-
grabungen (Bericht in Quartalbl. des Hist. Ver. 1883, Heft 1 u. 2; Archiv XV, 723 ff.; erneuert 1910
mit Bericht in der Zs. Vom Rhein 1911, 9) brachten daseibst in der Tat eine klösterliche Anlage ans
Licht. Diese ward aber von der älteren Auffassung, vertreten durch Kieser (Beitr. z. Gesch. d. Kl. Lorsch,
Bensheimer Programm 1908 f.) als die Ecclesia Vaiia, die Begräbniskirche, gedeutet, von der sich bis-
lang innerhalb des zweiten Klosters noch keine Spur gefunden habe (doch nur bei unvollständigen
Nachforschungen, Bericht Vom Rhein 1911, 1, und im Widerspruch mit dem Zweck der Kirche selbst,
deren Königsgräber doch wohl im geweihten Bezirk zu suchen sind). Umstritten ist auch das Er-
gebnis der Ausgrabungen am Seehof vom Jahre 1904 — 08 (Bericht Vom Rhein 1905 und besser 1911),
eine romanische Kirche über älteren Grundlagen, die dort auf das spätere Augustinerinnenkloster Hegene,
hier (Kieser) auf das Vetus monasterium, seine Erneuerung 1071 durch Abt Udalrich und seine letzte
Umwandlung in ein Prämonstratenserinnenkloster (nach 1238) bezogen werden.
Eine sichere Lösung dieser Fragen ist nur durch Klärung der Ausgrabungsergebnisse zu erwarten ;
zusammengefaßt sprechen sie nach Gg. Weise, Untersuch, z. Geschichte d. Architektur . . . d. Mittel-
alters, 1916, 45ff. für die Kreuzwiese als Platz des ersten Klosters. Nach der Urkunde nr. 10 lag
die Nazariuskirche vom Jahre 770 — also die alte Kirche, da die neue erst 774 geweiht wurde, K. 7 —
nicht südöstlich vom Seehof, sondern viel weiter nördlich, offenbar bei der späteren Klosteranlage.
Nirgendwo findet sich eine Andeutung, daß es in dieser älteren Zeit eine jüngere und eine ältere
Lorscher Kirche gegeben habe (vgl. z. B. nr. 245), und dies Stillschweigen wäre ganz unerklärlich, wenn
die beiden Klöster eine Stunde voneinander entfernt lagen. Dennoch ist die Nachricht von der ersten
Gründung und Verlegung der Kirche nicht einfach als Klosterlegende zu streichen (so Christ, Vom
Rhein 1907, 2). Eine erste primitive Niederlassung auf Williswinds Landgut, spätere Umbauten und
völlige Übersiedlung auf einen. benachbarten Wohnplatz, nachdem die Verhältnisse des Reichs-
klostere ganz andere geworden waren, sind innerlich sehr wahrscheinlich und werden auch durch
die Quellen bestätigt: Nachdem der Heilige und seine Mönche schon längere Zeit bei der Stiftung
Williswinds, der alten Peterskirche (nr. 1) geweilt, schenkt Thurinkbert 767 (nr. 167) einen Bifang
ad illud claustrum faciendum circa s. Nazarium, Neurodland also, das die Mönche und der Heilige vor-
her sicher nicht inne hatten. Ihren Abschluß findet die «Verlegung», die naturgemäß eher ein Neubau
gewesen sein wird, mit der Kirchweihe des Jahres 774 und in der Nachricht der Ann. Lauresh. zum
Jahre 775: Gundolandus abba mutavit monasterium L. in montem (der heutige Klosterhügel) ubi e. N.
requiescit in corpore.
6) Von solcher völliger Exemption wissen die älteren Privilegien nichts, jüngere widersprechen
ihr, e. nr. 4, 17, 72, 78 f., 146, 151, 164.
7) Die Art der Verwandtschaft unbekannt. Nach Paulus Diac, Gesta (SS. II, 267) stammt
Chrodegangs Familie aus dem Hasbengau (b. Lüttich); vgl. dazu den Ortsnamen Cancaronis fontana
im Ardennengau, Halkin u. Roland, Chartes de Stavelot-Malm^dy, nr. 23 (um 770). Erst die Vita
Chrodegangi (10. Jh., SS. X, 556) bezeichnet seine Mutter Landrad als Schwester König Pippins.
8) Die Traditionsurkunde fehlt, war aber einst vorbanden, s. K. 3, Anm. 11.