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Auktionshaus für Altertümer Glückselig <Wien> [Editor]; C. J. Wawra <Wien> [Editor]
Nachlass Gottfried Eissler: Gemälde, Aquarelle, Miniaturen, Plaketten, Silber, Keramik etc. ; [Versteigerung: Mittwoch, 6. Mai, Donnerstag, 7. Mai] — Wien, 1925

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https://doi.org/10.11588/diglit.23468#0016
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eines Wickhoff, Riegl und Schneider und entwickelte sich allmählich zu einem Kunstkenner
von Rang, der immer wieder zuzulernen Gelegenheit suchte und fand und dessen Ansehen in
stetigem Wachstum begriffen war. Gottfried Eissler, der am ersten Weihnachtstage des ver-
flossenen Jahres von hinnen ging, hatte gerade noch in seinem letzten Lebensjahre bewiesen,
welch starke organisatorische Kraft ihm zu eigen war. Der große Erfolg, den die Miniaturen-
ausstellung der »Gesellschaft der ßilder- und Miniaturenfreunde« in den Ausstellungsräumen
der »Albertina« errungen hatte, war zum überwiegenden Teil seiner unermüdlichen Führung
und Fürsorge und vor allem seinem unleugbaren Geschmack und seinen umfassenden Fach-
kenntnissen zu danken.

Was den Sammler Eissler im besonderen zu charakterisieren vermag, ist sein entschiedener
Sinn für die Qualität, und was seinen Erwerbungen eine durchaus persönliche Note ver-
lieh, war sein unentwegtes Interesse für die bildende Kunst seines engeren Heimatlandes,
für die künstlerische Entwicklung Wiens. Ein Sammler von durchaus wienerischem Format
und typisch österreichischer Gesinnung, hütete er sich vor der Zersplitterung, die manchem
kühnen und persönlichen Künstlerwillen zu teil wurde. Die Grenzen seiner materiellen
Leistungsfähigkeit kennend, beschränkte er sich gerne auf das für ihn leichter erreichbare
Kunstgut einheimischer Herkunft. Eine in sich abgeschlossene und in gewissem Sinne
nach außen hin kühl und ablehnend erscheinende Natur, war Eissler ein tüchtiger Menschen-
kenner und ein scharfer, wienerisch herber Reobachter, der mit Ironie und satirischer
Überlegenheit den lieben Mitmenschen an den Leib rückte und dessen Urteil »in literis
et artibus« denn doch nur als Resultat eines nach innen gebändigten Temperamentes
und einer durchaus ehrlichen Überzeugung gewertet werden muß. Er suchte in den Kunst-
werken, die er erwarb, stets das Charakteristische der Darstellung; er war bemüht, die auf-
bauenden Werte des Technischen zu erfassen und er verstand es das Essentielle eines
künstlerischen Erlebnisses hervorzuspüren. Es mag darum wohl kein bloßer Zufall gewesen
sein, daß er mit Vorliebe dem Rildnis liebevolle Zuneigung und intensives Studium zuwandte.

Dem spezifisch österreichischen Charakter der Sammlungen Eisslers entspricht auch ihr
künstlerischer Aufbau.

W enn wir uns zunächst den Werken der Malerei, insbesondere den Gemälden größeren
Formats zuwenden, so tritt aus der klassizistischen Periode nur eine Künstlerpersönlichkeit
schärfer hervor. Es ist Lampi der Ältere, der »österreichische Largillierec, dessen scharf-
ausspähendes, eigenwillig herbes Antlitz uns in der künstlerischen Prägung seines Sohnes
näherrückt. Innerhalb des wenig umfangreichen Sammelkomplexes von Künstlern der franzis-
zeischen und der darauf folgenden Epoche wären vor allem Rudolf von Alt, Ferdinand
W a 1 d m ti 11 e r und August von Pettenhofen zu nennen. Alt, dem unvergleichlichen
Verkünder einheimischer Architekturschönheit, stand Eissler ganz besonders nahe. Er unter-
hielt einen lebhaften Verkehr mit dem Altmeister und dessen Tochter und holte sich aus
dem Atelier in der Skodagasse, noch bei Lebzeiten Alts, manch kostbares Rild, manch
sorgsam gehüteten Entwurf. Wir begreifen es nun, daß Eissler gerade vier der charakte-
ristischen Arbeiten Alts: Das Rildnis des Rarons Merode, das Doppelporträt der Zucker-
 
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