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Graevenitz, George von; Gattamelata [Contr.]
Gattamelata (Erasmo da Narni) und seine Verherrlichung durch die Kunst — Leipzig: E.A. Seemann, 1906

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https://doi.org/10.11588/diglit.68593#0012
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der badenden Soldaten Michelangelos, über die leidenschaftlichste
Erregung ausströmende Darstellung der Anghiarischlacht Lionardos
zu dem neuzeitlichen Schlachtenbild. Die antike Gruppe des Galliers
und seines Weibes wendet sich an dasselbe Gefühl bewundernder
Teilnahme und der Ehrfurcht vor der Majestät des Todes wie das
heutige Kriegerdenkmal. Was wäre die Darstellung der Heiligen
in der Kunst ohne die mannhaften und kraftvollen Gestalten des
Erzengels Michael und des hl. Georg, um von der ritterlichen Hei-
ligenschar nur sie zu nennen! Man denke sich die Entwicklung der
Architektur aller Zeiten ohne den Vorwurf des den Sieg verherr-
lichenden Triumphbogens, man streiche in dem Bilde mittelalterlicher
Städte die den bürgerlichen Frieden schützenden malerischen Bauten
von Tor und Turm, Mauer und Zinnenkranz! Endlich, welche
Summe künstlerischer Anregungen wäre ungeboren geblieben, wenn
nicht der Ruhmeskultus grade kriegerischer Persönlichkeiten die
Kunst der Weltgeschichte durchdrungen und gebieterisch den Pinsel
des Malers, den Meißel des Bildhauers, den Zeichenstift des Bau-
meisters in Anspruch genommen hätte! Die kriegerische Betätigung
von Heroismus, Tapferkeit, Ehrgeiz, von Leidenschaften aller Art
hat von jeher einen besonderen Nährboden für das persönliche
Streben nach dauernder künstlerischer Verewigung geboten, und
Gemeinwesen oder Herrscher als deren Vertreter oder einzelne
kraftvolle Persönlichkeiten haben solchem Streben zur Verwirklichung
verhülfen.
Unter solchen einzelnen Persönlichkeiten stehen die eigenartigen
Erscheinungen der italienischen Kondottieren an hervorragender
Stelle. Der Kondottiere ist für zwei Jahrhunderte des italienischen
Lebens der berufsmäßige Vertreter von forza und virtü, der Held
der starken Faust und des kecken Handelns in Zeiten, die vielfach
zur Verweichlichung neigen, der Typus der selbstherrlichen Persön-
lichkeit, der sich die Verhältnisse unterwirft, der aber das Ver-
gängliche seiner Schöpfungen empfindet und um so mehr ihre Fest-
stellung wenigstens durch die Kunst erstrebt. Und so ist es denn
kein Zufall, daß die beiden einzigen Reiterdenkmale der Renaissance,
die unerreichte Meisterwerke der Kunst darstellen, Kondottieren ihr
Dasein verdanken. Nur im Denkmal Gattamelatas in Padua, im Erz-
 
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