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Paul Graupe <Berlin> [Editor]; Paul Graupe (Firma) [Editor]; Kunsthandlung Doktor Otto Burchard (Berlin) [Contr.]
Auktion / Paul Graupe, Antiquariat (Nr. 144): Manuskripte, Inkunabeln, Holzschnittbücher, Chroniken und Topographien, Kostüme und Uniformen, Ansichten und Farbstiche, Bibliographie, Verschiedenes ; Beiträge aus anderem Besitz - Kunstgeschichte, französische Literatur des 18. Jahrhunderts u.a. : am 24. und 25. Mai 1935 — Berlin, 1935

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https://doi.org/10.11588/diglit.5647#0007
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HANDSCHRIFTEN UND MINIATUREN

1 LATEINISCHE SAMMELHAND SCHRITT des IX. Jahrhunderts
auf Pergament. Karolingische Minuskel. Ueberschriften, meist
rot, in Kapitalen, Unzialen und Rustica. Mehrere einfache
Initialen. Teilweise rubriziert. 58 BL, 19 Zeilen. 4° (215 :
155 mm). Altes Schweinsleder auf Holzdeckeln.

Inhalt: BL la—8b: De bestitudine animae. — BL 8b—12a: Expositio S. Augustini
de lectione evangelica ubl alt Venite benedictl. — Bl. 12a—14b: Homelia S. Augustini
de Quadragesima. — Bl. 14b—16: Senno S. Augustini de Die Judicii. — Bl. 16b—20b:
Sermo S. Augustini de Incarnatione Domini. — Bl. 21a—21b: Capltula epistolao
S. Jacobi. — Bl. 21b—28a: Epistola Jacobi apostoli. — Bl. 28a—39b: Bpistola
Petri apostoli prima etl secunda. Bl. 39b—4Sb: Epistola Johannis apostoli. — Bl.
48b—50 b: Epistola Judae apostoli. — Bl. 51a: Incipit compositum a Sanctis
Patribus. Enthält in Fragen und Antworten zwischen Priester und Gläubigem die
Auslegung des Vaterunser (Bl. 51a — 52b) und des Glaubensbekenntnisses (Bl.
52b—54b). Diese Stücke eines „Katechismus" stehen wohl in Zusammenhang
mit den von Karl dem Großen in den Jahren 801 bis 805 erlassenen Verordnungen,
daß jeder Erwachsene das Glaubensbekenntnis und das Vaterunser auswendig lernen
solle. — Bl. 54b—58b: Expositio de fide catholica (Symbolo Athanasiano).
Schöne Handschrift aus der Zeit der Karolinger in einem großen klaren Duktus. Nur
das Verzeichnis der Kapitel zu dem Jacobus-Brief ist zierlicher geschrieben, um es
vom Text abzuheben.

Die Schrift hat noch viele alte Formen: keulenartige Verdickung der Oberlängen;
offenes a (wie cc) neben geschlossenem unzialem a; steiles d und unziales rundes d;
vereinzelt offenes g; r häufig noch mit Unterlängen, namentlich in den Verbindungen;
Ligatur & für et auch mitten im Wort (m&tu, a&ernum) oder zwischen zwei Wörtern
(uald&erribilis); Ligaturen für re, rt, st; Majuskel N für n im Wort; Ligaturen NS und
NT für ns und nt.

Auf den Rändern von Bl. 39b/40a, 46b/47a, 51b/52a stehen von einer anderen Hand
gleichzeitig oder gar früher geschrieben, Stücke (etwa 13 lange Zeilen) von lateinischen
Kirchengesängen mit Neumen, z. B. Bl. 46/47 die drei ersten Strophen der Improperien
aus der Karfreitegsliturgie (Popule meus, quid feci tibi... perforasti latus Salvatoris),
jedoch noch ohne das sog. „Trisagion", Bl. 51/52 Allelujaverse aus der Pfingstliturgie.
Diese Niederschriften der Gesänge mit ihren Melodien aus dem 9. Jahrhundert sind
wichtige Dokumente der alten Liturgie. — In der zierlichen Schrift sind auffallend die
sehr langen "Unterlängen des r und ein langes s mit einer ausladenden Schleife am
Kopf und einer kleineren in der Mitte.

Siehe die Abbüdung auf Tafel 1

2 LEDERSCHNITTBAND. — PSALTERIUM LATINUM CUM
CANTICIS. Manuscript auf Pergament, rot und schwarz, 11. Jahr-
hundert. 109 Bl. Kl.-4°. Lederschnittband.

Sehr schönes Exemplar eines Lederschnittbandes, um ca. 1400. Beide Deckel haben in
der Mitte ein großes Blatt in einem viereckigen Böhmen, umgeben von einer Ranke mit
kleineren Blättern. Lederschnittbde. sind außerordentlich selten. Bollert,
Lederschnittbde. d. 15. Jahrhs., erwähnt nur 21 Expl., die sich bis auf zwei alle in
öffentlichen Bibliotheken befinden.

Über die Technik dieser Arbeit siehe Goldschmidt, Gothic and Renaissance Book-
bindings, vol. I. p. 75 a. f. "Of all bookbindlng of the Gothic period, the cuir-clselö
bindings must be regarded as outstanding examples of hlghly artistio craftmanship
applied to book decoration; this free and original technique left the leather worker to
work out hls design on the Cover with the simplest of tools and without any mechanical
devices.

Each cuir-cisele binding is a unique work of art produced by a highly skilled craftsman
with nothing but a pointed tool and a sharp knife. The design had first to be outlincd
on the damped leather Cover with a sharp point, like a graver's burin, and then this
outline was deepened and made permanent by going over it with a blunt tool and
working more or less deeply into the leather. This design in outline was then brought
into relief by depressing the background and also sometimes by working up parte of
the design into plastic relief by embossing or hammering out from the back. The
deepening of the background was mostly carried out by stippling the whole of it closely
with a round punch, a technique taken over from the metal work."
Rücken erneuert. Neue Schließe im Stil d. Zt.

Siehe die Abbildung auf Tafel 3

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