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Künstler angehören — erhalten, wohl gegründet auf eine lange
geschichtliche Entwicklung1: «Aus dem Hofbetriebe heraus-
gewachsen, wie er namentlich in den zahlreichen Klöstern und
Herrenweilern des frühen Mittelalters üblich war, erstarkte das
Handwerk, seit diese Hofbetriebe sich nicht mehr gewachsen
zeigten den steigenden Ansprüchen an die Beschaffenheit der
verarbeiteten Erzeugnisse gerecht zu werden. An seine Stelle
trat die Erzeugung durch Genossenschaften, welche man «Hand-
werke» und, seit sie politische Rechte erwarben, Zünfte nannte.»
Daß diese Einrichtungen von entscheidender Bedeutung für die
deutsche Kunstentwicklung gewesen sein müssen, leuchtet ein.
«Nur durch die Zucht und Strenge, womit die stufenmäßige
Unterweisung des Einzelnen im zünftigen Verband vor sich ging,
konnte die Gründlichkeit der Vorübung, die Allmählichkeit der
Ausbildung, die Tüchtigkeit und Reife vollendeter Meisterschaft
gewonnen werden. Eben das war dann auch der Weg, auf
welchem der Eingang der Kunst ins Leben, ins häusliche und
öffentliche, wie ins kirchliche nachhaltig vermittelt wurde.»2
Wie der Staat, so haben auch die Zünfte die Familie zur Grund-
lage. Das Haus des Meisters ist seine Werkstätte. Gesellen
und Lehrlinge stehen in demselben Abhängigkeitsverhältnisse
zu ihm, wie seine eigenen unmündigen Kinder. Sie speisen an
seinem Tische und schlafen unter seinem Dache. Kein Meister
darf verheiratete Personen beschäftigen. Aus diesen Be-
stimmungen ergibt sich ein enger Zusammenhang zwischen den
Haus- und Handwerksgenossen, der naturgemäß in ihren
Schöpfungen zum Ausdruck kommt. Eine stilkritische Unter-
scheidung zwischen Meister- und Gesellenarbeit wird dadurch
manchmal sehr erschwert. Andererseits prägt sich in jeder
Werkstatt ein ganz bestimmter Stil aus, der sich streng von
anderen unterscheidet, und das Handwerk geht oft Generationen
hindurch vom Vater auf den Sohn über. — Meisterssöhne ge-
nießen während ihrer Lehrlings- und Gesellenzeit große Vor-
züge. Als Lernknaben im väterlichen Hause brauchen sie kein
1 Die Nübling in Bd. II seines angeführten Werkes S. 442 ff. mit
obigen Worten treffend charakterisiert.
^ Grüneisen und Mauch: «Ulms Kunstleben im Mittelalter», S. 2—3.
Künstler angehören — erhalten, wohl gegründet auf eine lange
geschichtliche Entwicklung1: «Aus dem Hofbetriebe heraus-
gewachsen, wie er namentlich in den zahlreichen Klöstern und
Herrenweilern des frühen Mittelalters üblich war, erstarkte das
Handwerk, seit diese Hofbetriebe sich nicht mehr gewachsen
zeigten den steigenden Ansprüchen an die Beschaffenheit der
verarbeiteten Erzeugnisse gerecht zu werden. An seine Stelle
trat die Erzeugung durch Genossenschaften, welche man «Hand-
werke» und, seit sie politische Rechte erwarben, Zünfte nannte.»
Daß diese Einrichtungen von entscheidender Bedeutung für die
deutsche Kunstentwicklung gewesen sein müssen, leuchtet ein.
«Nur durch die Zucht und Strenge, womit die stufenmäßige
Unterweisung des Einzelnen im zünftigen Verband vor sich ging,
konnte die Gründlichkeit der Vorübung, die Allmählichkeit der
Ausbildung, die Tüchtigkeit und Reife vollendeter Meisterschaft
gewonnen werden. Eben das war dann auch der Weg, auf
welchem der Eingang der Kunst ins Leben, ins häusliche und
öffentliche, wie ins kirchliche nachhaltig vermittelt wurde.»2
Wie der Staat, so haben auch die Zünfte die Familie zur Grund-
lage. Das Haus des Meisters ist seine Werkstätte. Gesellen
und Lehrlinge stehen in demselben Abhängigkeitsverhältnisse
zu ihm, wie seine eigenen unmündigen Kinder. Sie speisen an
seinem Tische und schlafen unter seinem Dache. Kein Meister
darf verheiratete Personen beschäftigen. Aus diesen Be-
stimmungen ergibt sich ein enger Zusammenhang zwischen den
Haus- und Handwerksgenossen, der naturgemäß in ihren
Schöpfungen zum Ausdruck kommt. Eine stilkritische Unter-
scheidung zwischen Meister- und Gesellenarbeit wird dadurch
manchmal sehr erschwert. Andererseits prägt sich in jeder
Werkstatt ein ganz bestimmter Stil aus, der sich streng von
anderen unterscheidet, und das Handwerk geht oft Generationen
hindurch vom Vater auf den Sohn über. — Meisterssöhne ge-
nießen während ihrer Lehrlings- und Gesellenzeit große Vor-
züge. Als Lernknaben im väterlichen Hause brauchen sie kein
1 Die Nübling in Bd. II seines angeführten Werkes S. 442 ff. mit
obigen Worten treffend charakterisiert.
^ Grüneisen und Mauch: «Ulms Kunstleben im Mittelalter», S. 2—3.