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Dorsal und die Miserikordien und Knäufe1, welche als
Fratzen, Tier- und menschliche Köpfe und -Gestalten gebildet
sind; endlich kommen auch Voll- und Halbfiguren an
der Rückwand2 und, zur Betonung der Eingänge, auf den
korrespondierenden Pultwangen3 vor.
Syrlins Verdienst ist es nun, unter Benutzung dieser zahl-
reichen, durch die Tradition geheiligten Verzierungen und durch
geistvolle Anpassung an den am Münsterbau verwerteten Formen-
schatz einen neuen Typus für ein altes Kirchengerät geschaffen
zu haben. Das Hauptgewicht war darauf zu legen: daß bei der
Fülle des Gebotenen die Ruhe des Gesamtbildes nicht Schaden
nahm. Diese schwierige Aufgabe muß als glänzend gelöst be-
zeichnet werden. Die starke Ausprägung der Wangenbüsten be-
deutete ein küntlerisches Wagnis. Daß esgeglückt ist, die Tat-
sache, daß diese großen Bildnisse, die ein so starkes Eigenleben
bekunden, nicht aus der Komposition herausfallen, spricht vielleicht
am meisten für den feinen ästhetischen Takt des Bildschnitzers.
Als er acht Jahre später die Herstellung des Ulmer Markt-
brunnens4 übernahm, da griff er auf bekannte Dinge zurück.
Das bedeutendste Beispiel lag in dem Nürnberger «schönen
Brunnen» 5 vor. Es ist interessant zu sehen, wie Syrlin in
dem sogenannten «Fischkasten» 6 das reiche Motiv vereinfacht
1 Vgl. in Deutschland: Ueberlingen (Kirche), Erfurt, Naum-
burg (Dom), Konstanz, Halle und Calcar (s. o.). Belgien: Löwen
(s. o.) und Dänemark: Lu n d, Ringsted<s. o.). Frankreich: Puy (Notre
Dame), B ourg (Notre Dame de Brou), St. Claude (s. o.).
2 Vgl. in Italien: Orvieto Deutschland: Osnabrück (Dom). Cal-
car (s. o.), Konstanz (s. o.). Dänemark: Roeskilde (s. o.).
3 Vgl. in Italien: Siena. Deutschland: Halberstadt (Liebfrauen-
kirche), Stendal, Maulbronn, Ueberlingen, Halle, Calcar (s. o.).
4 Literatur: Springer: Handbuch d. Kunstgesch. IV. Neuzeit if,
S. 55. Bode (Gesell, d. deutsch. Kunst, Bd. II) Plastik, S. 180. Nagler:
Künstlerlexikon. Bd. 18, S. 68 ff. Allgemeine deutsche Biographie,
Bd. 37. S. 166 ff. (Abhandlg. von A Klemm). Grüneisen und Mauch
Ulms Kunstleben im Mittelalter. S. 26. Schuette: «Der schwäb. Schnitz-
altar», S. 119. Ulmer Münsterb1ätter, Heft 3 und 4 («Ueber die
beiden Jörg Siirlin») S 82.
5 Entstanden zwischen 1385—1396 s. Pück1er-Limpurg: Nürn-
berger Plastik um die Wende des 14. u. 15. Jahrhdts. Studien z. d. Kunst-
gesch.. Heft 48.
6 Auf diesen Namen weisen auch die steinernen Angelhaken, die sich
außer den üblichen Krabben an den Fialen finden.
Dorsal und die Miserikordien und Knäufe1, welche als
Fratzen, Tier- und menschliche Köpfe und -Gestalten gebildet
sind; endlich kommen auch Voll- und Halbfiguren an
der Rückwand2 und, zur Betonung der Eingänge, auf den
korrespondierenden Pultwangen3 vor.
Syrlins Verdienst ist es nun, unter Benutzung dieser zahl-
reichen, durch die Tradition geheiligten Verzierungen und durch
geistvolle Anpassung an den am Münsterbau verwerteten Formen-
schatz einen neuen Typus für ein altes Kirchengerät geschaffen
zu haben. Das Hauptgewicht war darauf zu legen: daß bei der
Fülle des Gebotenen die Ruhe des Gesamtbildes nicht Schaden
nahm. Diese schwierige Aufgabe muß als glänzend gelöst be-
zeichnet werden. Die starke Ausprägung der Wangenbüsten be-
deutete ein küntlerisches Wagnis. Daß esgeglückt ist, die Tat-
sache, daß diese großen Bildnisse, die ein so starkes Eigenleben
bekunden, nicht aus der Komposition herausfallen, spricht vielleicht
am meisten für den feinen ästhetischen Takt des Bildschnitzers.
Als er acht Jahre später die Herstellung des Ulmer Markt-
brunnens4 übernahm, da griff er auf bekannte Dinge zurück.
Das bedeutendste Beispiel lag in dem Nürnberger «schönen
Brunnen» 5 vor. Es ist interessant zu sehen, wie Syrlin in
dem sogenannten «Fischkasten» 6 das reiche Motiv vereinfacht
1 Vgl. in Deutschland: Ueberlingen (Kirche), Erfurt, Naum-
burg (Dom), Konstanz, Halle und Calcar (s. o.). Belgien: Löwen
(s. o.) und Dänemark: Lu n d, Ringsted<s. o.). Frankreich: Puy (Notre
Dame), B ourg (Notre Dame de Brou), St. Claude (s. o.).
2 Vgl. in Italien: Orvieto Deutschland: Osnabrück (Dom). Cal-
car (s. o.), Konstanz (s. o.). Dänemark: Roeskilde (s. o.).
3 Vgl. in Italien: Siena. Deutschland: Halberstadt (Liebfrauen-
kirche), Stendal, Maulbronn, Ueberlingen, Halle, Calcar (s. o.).
4 Literatur: Springer: Handbuch d. Kunstgesch. IV. Neuzeit if,
S. 55. Bode (Gesell, d. deutsch. Kunst, Bd. II) Plastik, S. 180. Nagler:
Künstlerlexikon. Bd. 18, S. 68 ff. Allgemeine deutsche Biographie,
Bd. 37. S. 166 ff. (Abhandlg. von A Klemm). Grüneisen und Mauch
Ulms Kunstleben im Mittelalter. S. 26. Schuette: «Der schwäb. Schnitz-
altar», S. 119. Ulmer Münsterb1ätter, Heft 3 und 4 («Ueber die
beiden Jörg Siirlin») S 82.
5 Entstanden zwischen 1385—1396 s. Pück1er-Limpurg: Nürn-
berger Plastik um die Wende des 14. u. 15. Jahrhdts. Studien z. d. Kunst-
gesch.. Heft 48.
6 Auf diesen Namen weisen auch die steinernen Angelhaken, die sich
außer den üblichen Krabben an den Fialen finden.