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Grill, Erich
Der Ulmer Bildschnitzer Jörg Syrlin D. Ä. und seine Schule: ein Beitrag zur Geschichte der schwäbischen Plastik am Ausgang des Mittelalters — Studien zur deutschen Kunstgeschichte, Band 21: Strassburg: Heitz, 1910

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https://doi.org/10.11588/diglit.73234#0054
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— 40 —

eine gewisse Geziertheit des Ganzen. Deutlicher tritt diese in
dem sich links rückwärts anschließenden Ritter hervor. Die
gotische Biegung ist hier noch ausgesprochener. Ein schmaler
Mantel windet sich über den linken Arm, dessen Faust einen
kurzen Dolch umspannt, zieht über Rücken und rechte Schulter,
sackt sich über dem rechten Unterarm, der auf dem Schildrand
aufliegt und fällt von beiden Seiten in schönen Falten herab.
Das jugendliche Gesicht verhüllt zur Hälfte das von unten auf-
gezogene Visier. Von dem Antlitz der dritten Gestalt, einem
Mann in mittleren Jahren, ist noch weniger zu sehen. Der weit
vorspringende Helm beschattet die scharfgeschnittenen Linien.
Den unteren Teil des Visiers hat er ebenfalls hochgeklappt. An
der linken Seite trug er ein langes Schwert, von dem ein Bruch-
stück und die Ansatzstelle am Gurt noch erhalten sind. Um
die Hüfte schlingt sich elegant eine Schärpe, die, von der rechten
Schulter kommend, sich über dem wappenhaltenden Arm bauscht
und deren Enden das lebhaft zurückgesetzte linke Bein um-
flattern. In dem Vorwärtsschreiten liegt fast etwas tänzelndes!.
Ein solches Abweichen von monumentaler Ruhe und Ein-
fachheit findet sich in den auf Jörg Syrlin d. Aelt. zurückgehenden
Arbeiten nirgends wieder und würde die Zuschreibung des be-
sprochenen Werkes sehr erschweren, wenn es nicht ausdrück-
lich signiert wäre. In der ersten Nische ' ist nämlich der
Name Jörg Syrlin eingemeißelt und darüber ein Schild mit
Jahreszahl und Steinmetzzeichen angebracht:


1 Wölfflin («Die Kunst Albrecht Dürers». II. Aufl. 1908, S. 21) macht
darauf aufmerksam, daß dieselbe Gangart auch bei dem Christus auf dem
Schongauerschen Stich «Christus in der Vorhölle» zu finden ist.
2 Rechts im Rücken des Ritters.
 
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