N Fig. 26 Frederick Crace (1779—1859), Entwurffür
eine Wandaufteilung mit Rahmen im chinesischen Stil für
den Royal Pavilion in Brighton, 1810—20. Aquarellierte
Zeichnung.
New York, Cooper-Hewitt Museum, The Smithsonian
Institution’s National Museum of Design
fiahmenstile seit dem 19.]ahrhundert
Mit dem antikisierenden klassizistischen Rah-
men ist eine neue Bewertung von »Kunst« ver-
bunden. Die in diesen eingeschlossenen Werke
tragen einerseits einen Anspruch weiter, der aus
inzwischen abgelegten Aufgaben für Theologie,
Alltagsethik und staatspolitische Repräsentation
entstammte. Diese hatten Bild und Rahmen einst
an bestimmte Wände plaziert. Die neue Ästhetik
der Aufklärung hingegen bekämpfte die In-
dienstnahme der Kunst für irgendwelche
Zwecke. Auf der unbewußten Ebene der Empfin-
dungen wurde stattdessen eine neue Sinnwelt
Postuliert. Die zur reinen Ästhetik geläuterten
Wahrnehmungen lösten sich von Einrichtungs-
aufgaben: es gab keine Bindung der Bildaussage
mehr an bestimmte Personen, Stände, Räume
oder Raumtypen. Wenn es dem Künstler oder
dem Kunstbetrachter um die Abgrenzung einer
inner-ästhetischen Wahrnehmungszone ging,
dann hatte der Rahmen diese Sphäre von der
Alltagswelt zu scheiden. Für alle Bilder aller Epo-
chen galt dieselbe Abgrenzung nach außen. Man
konnte also nicht mehr — wie in der Barockzeit —
die Ausdrucksform der Rahmen mit einem be-
stimmten Ausdruckskonzept der jeweils zeitge-
nössischen, stilverwandten Bilder verbinden.
Damit wurde der Rahmen ein Einrichtungsge-
genstand, der durch seine Gestalt lediglich allge-
meine ästhetische Einstellungen fordert, wie dies
andere Elemente eines Interieurs auch tun.
Die Stilentwicklung im 19. Jahrhundert zeigt,
Was als jeweiliger Inbegriff »klassischer« oder
substantiell »künstlerischer« Form gedient hat:
erst der antikisierende Zierrat (Abb. 381, 382,
385, 386, 388), dann ein Rückgriff auf gotische
Formen (Abb. 379, 389), dann auf einen zur
flachen Ornamentzeichnung degradierten Spät-
barock (Abb. 390—392). Die betreffende Orna-
mentik war auch dem Verfahren nach verfügbar
und wiederholbar, da sie in der Regel durch aus
Negativformen aufgetragene Modelliermasse
hergestellt wurde. Neben der insgesamt flächige-
ren Anlage dieser historischen Rahmen tragen
diese häufig eine helle, flache Zwischenbahn
zwischen Bildrand und Rahmeninnenkante; sie
Fig. 27 John Linnell (?—i796), Entwurf für eine Auf-
hängung von Bilderrahmen mit verschiedenartigen ova-
len Bildausschnitten. Federzeichnung, datiert 1778. Aus
Linnells Album.
London, Victoria and Albert Museum
Unten:
Fig. 28 John Linnell (i—1796), Entwurf für eine Rah-
mung im Stil Louis XVI. Feder- und Bleistiftzeicbnung,
laviert. Aus Linnells Album, um 1778.
London, Victoria and Albert Museum
Fig. 29 Robert Adam (1728—92), Entwurf für den Rah-
men des Bildnisses des Duke of Cumberland in Home-
House, London 1777.
London, Courtauld Institute of Art
31
eine Wandaufteilung mit Rahmen im chinesischen Stil für
den Royal Pavilion in Brighton, 1810—20. Aquarellierte
Zeichnung.
New York, Cooper-Hewitt Museum, The Smithsonian
Institution’s National Museum of Design
fiahmenstile seit dem 19.]ahrhundert
Mit dem antikisierenden klassizistischen Rah-
men ist eine neue Bewertung von »Kunst« ver-
bunden. Die in diesen eingeschlossenen Werke
tragen einerseits einen Anspruch weiter, der aus
inzwischen abgelegten Aufgaben für Theologie,
Alltagsethik und staatspolitische Repräsentation
entstammte. Diese hatten Bild und Rahmen einst
an bestimmte Wände plaziert. Die neue Ästhetik
der Aufklärung hingegen bekämpfte die In-
dienstnahme der Kunst für irgendwelche
Zwecke. Auf der unbewußten Ebene der Empfin-
dungen wurde stattdessen eine neue Sinnwelt
Postuliert. Die zur reinen Ästhetik geläuterten
Wahrnehmungen lösten sich von Einrichtungs-
aufgaben: es gab keine Bindung der Bildaussage
mehr an bestimmte Personen, Stände, Räume
oder Raumtypen. Wenn es dem Künstler oder
dem Kunstbetrachter um die Abgrenzung einer
inner-ästhetischen Wahrnehmungszone ging,
dann hatte der Rahmen diese Sphäre von der
Alltagswelt zu scheiden. Für alle Bilder aller Epo-
chen galt dieselbe Abgrenzung nach außen. Man
konnte also nicht mehr — wie in der Barockzeit —
die Ausdrucksform der Rahmen mit einem be-
stimmten Ausdruckskonzept der jeweils zeitge-
nössischen, stilverwandten Bilder verbinden.
Damit wurde der Rahmen ein Einrichtungsge-
genstand, der durch seine Gestalt lediglich allge-
meine ästhetische Einstellungen fordert, wie dies
andere Elemente eines Interieurs auch tun.
Die Stilentwicklung im 19. Jahrhundert zeigt,
Was als jeweiliger Inbegriff »klassischer« oder
substantiell »künstlerischer« Form gedient hat:
erst der antikisierende Zierrat (Abb. 381, 382,
385, 386, 388), dann ein Rückgriff auf gotische
Formen (Abb. 379, 389), dann auf einen zur
flachen Ornamentzeichnung degradierten Spät-
barock (Abb. 390—392). Die betreffende Orna-
mentik war auch dem Verfahren nach verfügbar
und wiederholbar, da sie in der Regel durch aus
Negativformen aufgetragene Modelliermasse
hergestellt wurde. Neben der insgesamt flächige-
ren Anlage dieser historischen Rahmen tragen
diese häufig eine helle, flache Zwischenbahn
zwischen Bildrand und Rahmeninnenkante; sie
Fig. 27 John Linnell (?—i796), Entwurf für eine Auf-
hängung von Bilderrahmen mit verschiedenartigen ova-
len Bildausschnitten. Federzeichnung, datiert 1778. Aus
Linnells Album.
London, Victoria and Albert Museum
Unten:
Fig. 28 John Linnell (i—1796), Entwurf für eine Rah-
mung im Stil Louis XVI. Feder- und Bleistiftzeicbnung,
laviert. Aus Linnells Album, um 1778.
London, Victoria and Albert Museum
Fig. 29 Robert Adam (1728—92), Entwurf für den Rah-
men des Bildnisses des Duke of Cumberland in Home-
House, London 1777.
London, Courtauld Institute of Art
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