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Grisebach, August [Hrsg.]
Römische Porträtbüsten der Gegenreformation — Römische Forschungen der Bibliotheca Hertziana, Band 13: Leipzig: Keller, 1936

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https://doi.org/10.11588/diglit.48326#0024
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erscheinen! Hart, versteinert, steht neben Musso Cecilia Orsini (f 1575)in S. Trinitä
de’Monti (36). Die altersschlaffen Züge wirken wie künstlich verfestigt, die großen
Augäpfel wölben sich unter schweren Deckeln, die Krähenfüße um Augen und
Kinn stehen in genauer Korrespondenz. Zu dem ornamental durchfurchten Kopf
bildet das gesteifte Gefält des Witwentuchs den sinngemäß stilisierten Rahmen. Ein
nahes Vorbild hat diese Gestaltungsweise in der Grabfigur Pauls IV. in der Mi-
nerva (1566), einem Werk des Giacomo Cassignola. Die nämliche Art unerbittlicher
Strenge, mit der sich Caraffa wie ein steinerner Gast in der heiteren Welt der Filip-
pinoschen Fresken erhebt, kennzeichnet die alte Dame mit dem Rosenkranz in der
knochigen Hand.
Ihr nahe steht eine Büste im Konservatorenpalast, am Sockel P. del Vaga ge-
nannt (37). Gleichartig sind die großen kratermäßigen Einbettungen der Augen mit
den radialen Runzeln, die Hängefalten von Nase zu Mund. Und haben in diesem
Umkreis nicht auch die derb harten Züge des Cisterziensers Girolamo Sogheri (j- 1571)
in S. Croce in Gerusalemme (38) ihren Ursprung?
Wenige Jahre zuvor, 1568, hatte Pius V. dem Kardinal Rodotfo Pio da Carpi in
S. Trinitä de’ Monti ein Grabmal errichten lassen, dem dann das der Cecilia Orsini
an der Kapellenwand gegenüber in seinem Aufbau sich angleicht. Die imposante
Büste des Kardinals (35) hat nicht den Grad rigoroser Verhärtung wie Paul IV. in
der Minerva und Cecilia Orsini. In der Auffassung steckt noch etwas von dem
pathetischen Impuls der vorhergehenden Jahre. Zugleich wirkt die fordernde Ge-
bärde und die zum Altar weisende Hand, eine bemerkenswerte Ausnahme in dieser
Zeit, wie ein Vorbote der leidenschaftlichen Bewegung Berninischer Gestalten.
Wie sehr es dem Meister dieser Kardinalsbüste nun doch um scharfgeprägte
Form zu tun war, macht der Vergleich mit der Büste des 1579 verstorbenen Kardi-
nals Hosius in S. Maria in Trastevere anschaulich (40). Sein mächtiges Schädel-
gewölbe ist leicht vornübergeneigt, so daß die Augen tief im Dunkel liegen. Licht
und Schatten modellieren die zerklüfteten Wangen. Auch der Mund wirkt nicht als
Form, sondern als Dunkelheit. Im Gegensatz zu dem spitzigen, zu Eis gefrorenen
Bart des Rodolfo Pio da Carpi quillt der des Hosius in fülligem Gelock über Tiefen
hinweg auf die Brust, sich den gleitenden Flächen des Gewandes verschmiegend.
Dieses bedeutende Werk eines Unbekannten setzt, grob gesprochen, die Reihe der
„malerischen“ Büsten fort. Das Neue ist auch bei ihm, wie schon bei Cornelio
Musso, die stärkere Einheit im Aufbau.
Dieses Merkmal der allgemeinen Entwicklung, aber doch auch den auf Bewe-
gung gerichteten Vortrag hat Hosius gemeinsam mit dem Kardinal Sirleto (f 1585)
in S. Lorenzo in Panisperna (39). Im übrigen nimmt Sirleto, unter den vornehmen
Kirchenfürsten Roms ein volkstümlicher Sonderling, auch in seiner Erscheinung
am Grabmal einen Sonderplatz ein. Der eifernden Versunkenheit des Apostels in

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