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Grzybkowska, Teresa
Między sztuką a polityką: Sala Czerwona Ratusza Głównego Miasta w Gdańsku — Warszawa, 2003

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https://doi.org/10.11588/diglit.42437#0009
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Die Stadt Danzig steht mit ihrer über die Jahrhunderte so abwechslungsreichen Geschichte für
die Vielfalt und Dichte der Beziehungen zwischen Polen und Deutschland. Auf einzigartige Weise
findet dies seinen Ausdruck im Großen Ratssaal des Rechtstädtischen Rathauses: Dort wurden
lange Zeit die wichtigen politischen Entscheidungen der Stadt getroffen, dort stehen prächtige
kunsthistorische Denkmäler symbolhaft für das Selbstverständnis und die historische Rolle Danzigs.
Daß wir dieses faszinierende Werk heute offen und unbefangen betrachten, verdanken wir der
glücklichen Entwicklung der vergangenen Jahre. Wir entdecken aufs Neue, daß unser Zusammen-
leben in den vergangenen Jahrhunderten sich überwiegend durch friedliche Nachbarschaft aus-
gezeichnet hat und wie segensreich die Zusammenarbeit zwischen Polen und Deutschen war. Die
Feierlichkeiten aus Anlaß der Begegnung zwischem dem polnischen König Bolesław dem Tapferen
und Kaiser Otto III. vor 1000 Jahren in Gnesen haben dies in unser Bewußtsein zurückgeführt.
Gleichwohl gibt es nach wie vor Mißverständnisse in der gegenseitigen Wahrnehmung. Ein
wesentlicher Umstand, der uns einander entfremdet hat, war das Zeitalter der Romantik, das die
Entwicklung nationalistischer Vorstellungen auf deutscher und auch auf polnischer Seite mit sich
brachte. Es begann eine Stilisierung der Unterschiede, wo eigentlich die gemeinsame Suche nach
dem Verbindenden geboten gewesen wäre. Beispielhaft ist dies zu sehen an der Geschichtsschrei-
bung der Schlacht von Tannenberg oder der Geschichte des Deutschen Ordens, die später von den
Kommunisten aufgegriffen und zu einer logischen Linie im Verhältnis zu Deutschland verbunden
wurde, die vom Deutschen Orden direkt nach Auschwitz führte. Die demokratische Entwicklung
Deutschlands nach 1945 wurde den Menschen in Polen systematisch vorenthalten und so blieben
wir für viele Polen lange Zeit fremd und unheimlich. Aber auch auf deutscher Seite wurden
Stereotypen gepflegt. Die stalinistische Expansion und der Kalte Krieg schufen eine Distanz, die
viel Raum für Vorurteile und wenig Raum für wirkliches gegenseitiges Kennen und Verstehen
ließen. Deshalb erfordert der Umgang miteinander weiterhin viel Behutsamkeit. Es bleibt Auftrag,
das zu werden, was wir schon einmal waren: Normale Nachbarn.
Kunstschätze wie das Rechtstädtische Rathaus in Danzig können Wegbegleiter bei der Umset-
zung dieses Auftrags sein. Sie erinnern uns mit ihren vielfältigen Bezugspunkten daran, daß sich
über unserem deutsch-polnischen Kulturerbe ein europäischer Himmel wölbt. Die Beziehungen
unserer beiden Länder haben seit jeher eine europäische Dimension, heute Jedoch ist das Schick-
sal Polens und Deutschlands nicht vorstellbar, ohne daß beide einen festen Platz in Europa haben.
Die europäische Zukunft wird die Zukunft unserer beiden Staaten bestimmen.

Frank Elbe


Botschafters
der Bundesrepublik Deutschland
in Polen
 
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